ZUM TAGE

Werft den Fußball endlich raus!

von Redaktion

Olympisches Anhängsel

41965 Plätze bietet das Stadion Geoffrey Guichard in Saint Etienne, 38965 Sitzschalen bestritten am Mittwochabend das Programm der ARD zur besten Sendezeit. Weil Fußball der vermeintliche Quotengötze ist, übertrug das Erste eben weite Teile des olympischen Vorrundenspiels der Frauen von Deutschland und Sambia. Zuschauende vor Ort: 3000. Was für eine traurige Veranstaltung, die so überhaupt nicht dem Geist der Spiele von Paris entspricht. Und ein weiteres Argument: Schafft Fußball als Bestandteil des olympischen Programms endlich ab!

Ja ja, Fußball ist eine verbindende Klammer aller Kulturen, der global größte Sport. Doch um sich darzustellen, hat er Welt- und Kontinentalmeisterschaften, sie sind für Nationalteams von Frauen und Männern die größte denkbare Bühne. Das Olympia-Turnier war immer nur ein Wurmfortsatz. Sicher hat es dem Frauenfußball geholfen, als dieser noch nicht die ganz große Aufmerksamkeit hatte, doch heute ist es nur noch ein weiterer Termin mit dem bisschen Erlebnisfaktor, dass man bei günstigem sportlichen Verlauf ins olympische Dorf ziehen darf. Bei den Männern war Olympia-Fußball ohnehin nie richtig bedeutend. Startberechtigt war nicht die A-Nationalmannschaft, sondern eine gereifte U21 mit ein paar Over-Age-Akteuren, das Turnier wurde von der FIFA nicht durch eine Abstellpflicht geschützt, die Vereine schickten die Spieler, die sie entbehren konnten. Oder bei denen sie froh waren, sie ein paar Wochen außer Haus zu haben – wie 2008 die Bayern mit dem Argentinier Jose Sosa und dem Brasilianer Breno. Sie kehrten zurück als Olympiasieger und Bronzemedaillengewinner – was in München unbemerkt blieb. Und was eine sportliche Wertigkeit vortäuschte, die beide Spieler nie hatten.

Gewiss kann das olympische Fußballturnier je nach Austragungsland eine Wucht entfalten, wie 2016 in Rio, als Brasilien sich gegen die Deutschen in Maracana das Gold holte und den Schmerz des 1:7 von der WM 2014 linderte – doch selbst in der Grande Fußballnation Frankreich ist zu spüren, dass der Fußball nicht das Wichtigste ist. Seit jeher wird er ausgelagert in andere Städte des gastgebenden Landes. Selbst in Saint Etienne und Marseille ist er weiter weg von Paris als die Surfer auf Tahiti.

Olympische Spiele sind stark genug, sie brauchen den Fußball nicht. Umgekehrt ist auch Olympia dem Fußball nicht dienlich. Warum also dieses Konstrukt aufrechterhalten? Olympia sollte für die da sein, für die es die Erfüllung ist. Guenter.Klein@ovb.net

Artikel 1 von 11