„Der Sprung kostete ein paar Nerven“

von Redaktion

Mihambo-Trainer Ulli Knapp erklärt die mentale Stärke des Weitsprung-Stars

Eingespieltes Team: Trainer Ulli Knapp und Weitspringern Malaika Mihambo sehen sich als Seeleverwandte. © Perenyi/Imago

Malaika Mihambo hat nach zwei Fehlversuchen mit einem „Sicherheits-Satz“ das Weitsprung-Finale erreicht. Im Interview mit unserer Zeitung spricht ihr Trainer Ulli Knapp über den olympischen Nervenkitzel, für den Mihambo in der Qualifikation sorgte.

Ulli Knapp, Malaika Mihambo hat es in der Qualifikation ziemlich spannend gemacht.

Auf dem Einlaufplatz ist mir schon aufgefallen, dass sie einen sehr spritzigen und fitten Eindruck gemacht hat. Der Belag im Stadion ist sehr schnell, es ist schwierig, den Anlauf gut zu taxieren. Wenn man nur fünf Prozent mehr macht, ist der Anlauf plötzlich einen halben Meter länger. Es kommt unheimlich Druck von der Bahn. Wir sind eineinhalb Fuß zurück gegangen, schwupps war er drüber. Wir sind dann noch mal eineinhalb Fuß zurück gegangen, es gab eine Rückenwindböe und wieder war er drüber. Da habe ich gesagt, wir müssen jetzt jegliches Risiko ausschließen. Das hat sie dann umgesetzt, sie war fit genug, um deutlich vor dem Brett abzuspringen und es ins Finale zu schaffen. Das kostet ein paar Nerven, aber macht es auch spannend (lacht).

Bei der EM in Rom ist Malaika Mihambo noch mal geflogen, mit 7,22 m der zweitweiteste Sprung der Karriere.

Das war enorm wichtig. Durch die unglückliche Verletzung bei den Deutschen Meisterschaften letztes Jahr war sie ein bisschen aus dem Wettkampfgeschehen raus. Die letzten drei, vier Jahre hatte Malaika gefühlt acht bis zehn Sprünge, die im Bereich 7,10 bis 7,20 waren, aber immer ganz knapp ungültig. Rom hat enorm Auftrieb gegeben. Wir haben im Training Gas geben, da ist viel Herzblut geflossen. Da ist man froh, wenn es die Belohnung gibt.

Wie schnell sehen Sie, ob der Sprung weit geht?

Wenn der Anlauf schon spritzig und rhythmisiert ist, ist das die halbe Miete. Aber dann kommt es natürlich auch auf die technische Ausführung an. Es bringt nichts, wenn man eine „Arschbombe“ macht und dann noch mal 20 bis 30 Zentimeter verliert. In Rom habe ich aber sofort, als der Versuch gültig gegeben wurde, gemerkt, dass es etwas Besonderes ist.

Nach dem starken Sprung in Rom hat Malaika dann eine Corona-Infektion ausgebremst. Wie hat sich das auf die Olympia-Vorbereitung ausgewirkt?

Malaika und mich hat es beide richtig gebeutelt. Sie hat zwei Wochen nicht trainieren können. Corona hat sich stark auf den Körper ausgewirkt. In Eugene war sie damals auch in Topform, danach krank und musste in München den Titel dann abgeben, weil sie auch fast kollabiert ist. Es ist bitter, dass es jetzt das zweite Mal in ähnlicher Konstellation passiert ist. Aber so ist der Sport, da muss man sich zurückkämpfen.

Malaika wirkt immer gelassen, strahlt eine unglaubliche Ruhe aus.

In über 40 Jahren Trainertätigkeit habe ich schon viele Athleten betreuen dürfen. Malaika ist in Punkten Konzentrationsfähigkeit und mentale Stärke eine Ausnahmeathletin. Sie hat sich das über viele Jahre erarbeitet. Da gehört auch Meditation dazu, die Reise nach Indien, Kurse, die sie absolviert hat.

Sie muszieren auch, die Beziehung geht weit über den Sport hinaus.

Wir sind so ein bisschen Soulmates. Wenn wir zum Wettkampf fahren, reden wir vier Stunden lang über alle möglichen Themen, die Zeit vergeht wie im Flug. Die Musik hat uns beide, in der schweren Phase vor Tokio 2021, geerdet. Da war der Druck auf Malaika enorm hoch. Mit der Musik vor Ort haben wir uns sammeln und einnorden können. Das haben wir auch beibehalten. Wenn wir in Paris die Möglichkeit zum Musizieren haben, wäre das schön.


INTERVIEW:

NICO-MARIUS SCHMITZ

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