Vom Einrad zur Olympia-Medaille?

von Redaktion

Brandls Teakwondo-Mission in Paris

Groß und beweglich: Lorena Brandl stellt ihre Gegnerinnen vor Herausforderungen. © IMAGO

Wenn Lorena Brandl aufwacht, sieht sie immer direkt, wo sie hinmöchte. In ihrem Zimmer ist eine Medaillenwand, in goldener Farbe gestrichen. Am heutigen Samstag beginnt für Deutschlands erfolgreichste Taekwondo-Kämpferin die Olympia-Mission in Paris. Aus Mindelstetten auf die größte Bühne des Sports. Dabei hatte sie mit Kampfsport eigentlich lange nichts am Hut.

Brandl war auf dem Einrad erfolgreich, dreifache deutsche Meisterin. „Ich komme aus einem kleinen Dorf, da gibt es nicht viel außer Fußball. Aber im Nachbardorf gab es Teakwondo, und das hat mich interessiert. Ich war als kleines Kind immer auf Action aus, ich habe mich immer beschäftigen müssen.“

Nach einem Trainerwechsel 2011 wollte sie dann eigentlich schon wieder aufhören. Ihr Vater sagte: Fahr doch einfach noch mal hin, und schau es dir an. „Mit dem Trainer arbeite ich jetzt bis heute zusammen, und er hat mich zu Olympia gebracht.“ Bernhard Bruckbauer heißt der Mann hinter dem dem Erfolg, in der Trainingsgruppe ist zudem noch die beste Freundin Vanessa Körndl. „Vanessa ist ein riesiger Teil von meinem Erfolg, wir kennen uns in- und auswendig, für die beiden bin ich Vollgas dankbar“, sagt Brandl.

Die 27-Jährige ist amtierende Europameisterin im Schwergewicht der Frauen, gewann Bronze bei der Weltmeisterschaft, gewann 2022 den Grand Prix. „Das war ein kompletter Durchbruch. Ich habe Leute besiegt, die ich vorher noch nie besiegt habe. Da war mir klar: Du kannst es schaffen.“ Vor den Qualfikation zu den Tokio-Spielen fiel sie mit Corona aus. „Ich habe mir geschworen: Beim nächsten Mal machst du es direkt. Denn so ein Qualiturnier ist für die Psyche der pure Horror.“

Die 1,86 m große Athletin hatte vor Kämpfen immer wieder negative Gedanken. Seit drei Jahren arbeitet sie mit einer Mentaltrainerin zusammen, hat feste Sätze, die sie vor Wettbewerben wiederholt. „Ich kann die Nervösität mittlerweile in Power ausblenden.“ Sie hört nur den Kampfrichter, ihren Trainer, sieht ihre Gegnerin, alles andere wird ausgeblendet. Und dabei auch schon mal über Grenzen gegangen. „Einmal habe ich mir im Halbfinale den Ellenbogen gebrochen. Ich wollte das Finale aber nicht hergeben. Da dachte ich mir: Ich probiere es mal.“ Brandl fuhr mit einem gebrochenen Ellenbogen und der Goldmedaille nach Hause.

Eine Medaille in Paris wäre der große Traum. Mit dem Erfolgsgespann um Körndl und Bruckbauer an ihrer Seite kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen. „Nach jeder Verletzung hat er mich wieder aufgebaut und hatte immer den passenden Plan.“
NMS

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