ZUM TAGE

Athleten sind Sportler, keine Gold-Zauberer

von Redaktion

Marike Steinacker: Vierte im Diskus-Ring. © Kappeler/dpa

Zwölf Goldmedaillen, 13 Silbermedaillen, acht Bronzemedaillen in Paris. Zehn Goldmedaillen, elf Silbermedaillen, 16 Bronzemedaillen in Tokio. Das sind zunächst mal die nackten Zahlen, auf die sich traditionell zum Ende der Olympischen Spiele gestürzt wird, um den Zustand von Sportdeutschland festzustellen. Atmet es noch? Müssen die ersten Wiederbelebungsmaßnahmen ergriffen werden?

Ja, der deutsche Sport steckt bezogen auf die Olympischen Spiele in einem jahrzehntelangen Abwärtstrend. Den Status quo sollte man aber nicht nur über Medaillen definieren. Julian Weber mit einem sechsten Platz in dem hochklassigsten Speerwurf-Finale aller Zeiten. Die Diskuswerferinnen Marike Steinacker und Claudine Vita mit dem vierten und sechsten Platz. Die deutschen Basketballer, die zuvor bei der Weltmeisterschaft und Olympia zwölf Spiele in Folge ohne Niederlage blieben – alle sind sie ohne Edelmetall aus Paris abgereist und trotzdem in der Weltklasse.

So stiefmütterlich, wie der Leistungssport in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten behandelt wurde, braucht sich niemand darüber wundern, dass es nicht besser wird. Defizite in der Infrastruktur, Kürzungen der Fördermittel, eine nicht enden wollende Diskussion über eine Leistungssportreform – aber mehr Erfolg? Wie soll das funktionieren? Es sind Sportler, keine Zauberer.

Natürlich schauen Onkel Olaf und Tante Nancy im Deutschen Haus vorbei, wenn es die Chance auf Bilder mit Goldmedaillengewinnern gibt. Die Wahrheit ist aber auch, dass die von der Politik mitgeschaffenen Strukturen den Gewinnern das Leben oft schwer genug gemacht haben.

Deutschland stehe sportlich nicht da, „wo wir stehen sollten und könnten“, sagt der ausgewiesene Sportexperte Friedrich Merz. Das ist wahr, denn mit sollten und könnten, mit Konjunktiven, hat die Politik den Sport lange genug hingehalten. Und während der Pandemie Schwimmbäder geschlossen und Bolzplätze zugesperrt.

Jetzt werden endlich Fakten geschaffen. Olympia-Bewerbung. 331 Millionen statt 49 Millionen Euro Förderung. Die Euphorie von Frankreich? Das kann der schlafende Riese Deutschland auch. Jetzt, wo die Entscheidungsträger wohl begriffen haben, welchen Wert der Sport hat.

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