Im Kajak-Zweier: Max Rendschmidt (li.) und Tom Liebscher-Lucz. © Kahnert/dpa
Mit dem Kajak-Vierer hat Max Rendschmidt in Paris die Goldmedaille gewonnen. Es war bereits der vierte Olympia-Triumph für den 30-Jährigen. Im Interview mit unserer Zeitung spricht Rendschmidt über den Wert von Leistungssport und die Ehre des Fahnenträgers.
Max Rendschmidt, Glückwunsch zum Olympia-Sieg. Was waren Ihre ersten Gedanken nach dem Erfolg?
Das Rennen war natürlich ein absoluter Krimi. Wir mussten eineinhalb Minuten auf das Ergebnis warten. Auf der Anzeigetafel haben wir dann zuerst „Germany“ gesehen. Dann konnte losgefeiert werden (lacht).
Die Stimmung war auch beim Kanu gigantisch, die Tribüne ausverkauft.
Das war ein unglaubliches Gefühl. Vor einer riesigen Tribüne, vor den Freunden, vor der Familie. Alle konnten vorbeikommen. Die Leute, die sonst immer nur vor dem Fernseher mitgefiebert haben, haben uns jetzt live mit runtergebrüllt. Olympische Spiele sind für uns Kanuten ein riesiges Highlight. Bei einer guten Weltmeisterschaft sind 5000 Fans da. Hier sind es 20 000. Wenn am Start das Kameraboot an einem vorbeifährt und man das Raunen von der Tribüne hört, da ist sofort Gänsehaut da.
Und zur Krönung sind Sie auch noch als Fahnenträger für die Abschlussfeier ausgewählt worden.
Ich habe mich mega gefreut. Ich muss aber sagen, dass ich den Anruf vom Chef de Mission, Olaf Tabor, erst verpasst habe, da ich im Deutschen Haus mit meiner Familie war. Ich wurde dann von einer Mitarbeiterin angesprochen, nach dem Motto: Ruf doch vielleicht mal zurück… Ich war in Sorge, meine erste Frage war direkt: Ist es irgendwas Schlimmes? Das war es zum Glück nicht (lacht). Das ist eine riesige Ehre, für Deutschland die Fahne zu schwenken. Ronald Rauhe durfte die Fahne in Tokio tragen, Sebastian Brendel in Rio, das sind Legenden im Sport. Für mich ist das eine riesige Freude, dass ich beim Fahne schwenken mitmachen darf. Sonst ist man ja immer nur hinterhergelaufen (lacht). Es sind meine dritten Olympischen Spiele, war nie bei der Eröffnung dabei. Für mich ist die Abschlussfeier wie die Eröffnungsfeier.
Sie haben in Richtung der Politik und Olaf Scholz gesagt: „Die Liebe zum Sport wird dann entdeckt, wenn Medaillen gewonnen werden.“
Da sind einige Aussagen durcheinandergebracht worden. In der Mixed Zone wurden wir gefragt, ob wir wissen, dass Olaf Scholz da ist. Im Flow habe ich dann gesagt, dass es mir egal ist, weil meine Familie da ist und das ist alles, was zählt. Es muss sich aber auf jeden Fall was ändern. Olympische Spiele sind die einzige Chance für uns, dass wir gehört werden. Wann sollen wir es sonst sagen, wenn nicht bei Olympia? Tom Liebscher-Lucz hat mit Herrn Scholz gesprochen. Wir haben gesagt, dass wir uns freuen, wenn eine Bewerbung für Deutschland abgegeben wird, bei der wir wirklich mal an einem Strang ziehen.
Was muss sich ändern im Leistungssport?
Man muss die Konzepte im Leistungssport überarbeiten, bei der Förderung an Stellschrauben drehen oder auch einiges komplett überdenken. Man muss sich speziell mit den Sportlern zusammensetzen. Wir sind ja auch die, die dann die Medaillen und Erfolge für Deutschland holen sollen. Ich habe oft das Gefühl, dass von den verantwortlichen Stellen einfach nicht zugehört wird.
Sie haben gesagt, dass Ihnen die Mittel gekürzt werden, obwohl der Kanusport so erfolgreich ist.
Man darf nicht dafür bestraft werden, dass man Leistung gezeigt hat. Das ist der falsche Ansatz. Mittel streichen, weil man gut war? Das darf nie der Weg sein. Leistung muss sich wieder lohnen.
INTERVIEW:
NICO-MARIUS SCHMITZ