Kategorie Vollblamage

von Redaktion

Löwen präsentieren sich gegen Aufsteiger VfB II wie ein Abstiegskandidat

Und jetzt, Löwen? Trainer Argirios Giannikis, Sportchef Christian Werner.

Gestolpert im Schwabenland: Nicht nur Drittliga-Debütant Raphael Ott stand beim 0:3 gegen Aufsteiger VfB Stuttgart II auf verlorenem Posten. © Sampics (2) / Stefan Matzke

Aspach – „Marco Hiller!“, brüllten die mitgereisten Löwen-Fans zwölf Minuten nach Wiederanpfiff, und wenn der Anhang einen Spieler fordert, der nicht auf dem Platz steht, muss etwas gründlich schiefgegangen sein. Gestern, an einem heißen Sonntag im Schwabenland, ist aus 1860-Sicht so ziemlich alles schiefgegangen. Bereits nach 56 Minuten, als ein 60-Meter-Ball hinter René Vollath im Tor einschlug, war das erste Auswärtsspiel der Löwen in der neuen Saison gelaufen. 1:3 hieß es am Ende. Eine weitere Niederlage, die zugleich eine Vollblamage war, denn es ging gegen einen Aufsteiger, der mit heißblütigen Talenten griffiger war als der Favorit aus München mit seiner runderneuerten Premium-Elf. Nicht nur VfB-Kapitän Dominik Nothnagel (57.) war mit seinem Glücksschuss von hinter der Mittellinie ein Traumtor gelungen, auch Jarzinho Malanga (37.) und Thomas Kastanaras (53.) hatten den Drittliga-Dino ganz schön alt aussehen lassen. Dass der eingewechselte Fabian Schubert in der 83. Minute das erste Saisontor für 1860 erzielte, macht die Pleite nicht wesentlich erträglicher.

Mit der Maximalausbeute von sechs Punkten waren die Löwen in die letzten beiden Drittliga-Spielzeiten gestartet (unter den Trainern Michael Köllner und Maurizio Jacobacci). Nun, unter Argirios Giannikis, geht der Altmeister mit null Punkten in die Pokalpause. Der Auftritt war über weitere Strecken gruselig, denn es fehlte dem neuformierten Team an allem. Keine Dynamik, keine Spielidee, kaum Gegenwehr und womöglich ist auch die Fitness des Teams unzureichend. Zu einem historisch frühen Zeitpunkt müssen bei 1860 die Alarmglocken schrillen. Nach den Eindrücken des Auftakt-Doppels gegen Saarbrücken (0:1) und Stuttgart sind die Löwen ein Abstiegskandidat. „Wir woll‘n Euch kämpfen seh‘n“, hatte der Anhang gestern nicht nur einmal gebrüllt. Auch das vermutlich ein Novum an einem 11. August, wenn eigentlich noch der Zauber des Neuanfangs das Grundgefühl in einem Verein bestimmt.

25 Minuten waren gespielt, als es im Glutofen von Großaspach die erste Trinkpause gab. Sportchef Christian Werner hatte das Spiel bis dahin auf einer Stahlleiter verbracht, dem höchsten Punkt in der WirmachenDruck-Arena.. Den guten Überblick nutzte er nun, um Flüsterpost zu spielen. Er eilte auf den Rasen, nahm Co-Trainer Franz Hübl zur Seite und gab seine Erkenntnisse weiter, indem er die rechte Hand in Richtung der linken schob. Was er meinte: Tim Kloss, der im modifizierten 5-3-2-System den zentralen Abräumer gab, solle bei Ballbesitz mehr nach vorne rücken. Nicht das einzige Kommando, das Werner auf seinem Wachposten gab, doch auch die gebrüllten („Körpersprache!“) halfen nichts, denn nach 37 Minuten war die neu formierte Abwehr erstmals überwunden. Malanga nahm aus halblinker Position Maß und zirkelte den Ball kunstvoll an Vollath vorbei ins Netz. „Gibt‘s doch nicht“, schimpfte Werner, und damit dürfte er den 2000 mitgereisten 1860-Fans aus der Seele gesprochen haben. Raphael Ott, unter der Woche mit einem Fünferpack Totopokal-Held, musste schon zur Pause wieder runter. Ebenso der pomadige Tunay Deniz und Leroy Kwadwo.

Ob vor oder nach der Pause (von den ersten zehn Minuten abgesehen) – die Löwen standen gestern komplett neben sich. „Ein bitterer Start für uns“, sagte Giannikis. Zusammen mit Werner wird er die Ligapause gut nutzen müssen, um Personaldiskussionen nicht laut(er) werden zu lassen. „Wir müssen jetzt zeigen, dass wir eine Charakter-Mannschaft sind“, sagte Kapitän Jesper Verlaat. Erste Gelegenheit: Am Donnerstag in der zweiten Runde des Totopokals beim FC Thalhofen (17 Uhr).
ULI KELLNER

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