Und jetzt, Löwen?

von Redaktion

Schlechtester Start seit neun Jahren, Kapitän Verlaat appelliert ans Team: „Positiv bleiben!“

Schon als Krisenmanager gefragt: Argirios Giannikis © Sampics

Zuckerbrot und Peitsche in der Kurve: „Wir woll‘n Euch kämpfen seh‘n“, brüllte der mitgereiste Löwen-Anfang. Ganz am Schluss gab‘s aber auch aufmunternden Beifall. © Sampics / Stefan Matzke

Der Sportchef als Wachposten: Christian Werner. © ulk

Erschöpft und frustriert: Kapitän Jesper Verlaat. © Sampics

Ein Gegentor für jeden Jahresrückblick: René Vollath sprintet vergeblich dem Ball hinterher, den VfB-Kapitän Nothnagel aus 60 Metern einfach mal abgefeuert hat. © Sampics / Stefan Matzke

Aspach – Als der Schlusspfiff ertönte, der für alle im Glutofen Großaspach eine Erlösung war, sanken viele Talente des VfB Stuttgart II auf den Rasen, platt, heißgelaufen, liegend k.o. Stehen blieben die Spieler der Gäste, die Frust und Erschöpfung mit sich selber ausmachten, wie der Kapitän hinterher verriet. „Ich glaub, dass wir auch alle kaputt waren“, sagte Jesper Verlaat. „Am liebsten hätte ich mich auch auf den Boden gelegt. Es war extrem anstrengend bei den Temperaturen, aber wenn du dich dann fallen lässt, kommt das rüber, als wärst du jetzt auch mental gebrochen. Da muss man schon aufpassen, was man nach außen hin zeigt. Das hat auch was mit Positivität zu tun, dass du in so einer Situation aufrecht bleibst.“

Aufrecht stehen und positiv bleiben – keine leichte Übung nach dem schlechtesten Start der Löwen seit der Zweitliga-Saison 2015/16. Damals verloren die Löwen unter Torsten Fröhling 0:1 in Heidenheim und 0:1 gegen Freiburg – gegen zwei Clubs, die heute in der Bundesliga spielen. Diesmal fällt es etwas schwerer, den Null-Punkte-Start mit der Extraklasse der Gegner zu erklären. Saarbrücken: Von den Löwen nach der 0:1-Auftaktpleite zum Überteam erklärt, was sich am Wochenende aber relativierte: Mit 0:1 verlor der Pokal-Halbfinalist zu Hause gegen Sandhausen. Und Stuttgart II: Sicher sind die Talente des Vizemeisters technisch versierte Kicker, sicher war auch Pech dabei, dass die Sonntagsschüsse von Malanga (Schlenzer von der Strafraumgrenze zum 1:0/37.) und Nothnagel (Klärungsversuch aus 60 Metern zum 3:0/57.) den Weg ins Tor von René Vollath fanden. Bei seiner Analyse im Stuttgarter Ausweichstadion bemühte Argirios Giannikis Murphys Law: „Alles was schiefgehen konnte, ist schief gegangen.“ Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es die Löwen versäumt haben, dem Neuling das Leben in der neuen Liga schwer zu machen.

Nur eine Gelbe Karte steht für 1860 in der Statistik – bezeichnenderweise durch den eingewechselten Fabian Schubert, der spät wenigstens das erste Saisontor erzielte (83.). Stuttgart sah zweimal Gelb – und dass die VfB-Talente nur eine kurze Schwächephase zuließen, zu Beginn der zweiten Halbzeit, als die Löwen ihren ersten Wechselblock hinter sich hatten, drückt auch was aus. Giannikis sagte: „Wir kommen sehr gut aus der Pause, haben eine Drangphase mit zwei, drei guten Chancen. Auch nach dem 2:0 haben wir uns nicht hängen lassen. Und vor dem 3:0 waren wir nicht clever genug, ein Foul zu ziehen.“ Des Trainers Fazit: „Die Enttäuschung ist groß, aber wir haben einen Riesenumbruch. Es dauert seine Zeit, bis alles hundertprozentig ineinander greift.“

Früh in der Saison wird die Geduld der Fans auf eine harte Probe gestellt. In Großaspach gab es Zuckerbrot und Peitsche vom mitgereisten Anhang. „Wir wollen Euch kämpfen sehen“ wurde zum Refrain der Spiels, doch nach dem Büßergang in die Kurve gab es auch aufmunternden Applaus. Weniger gut kam an, dass die Fans das Torwart-Fass aufmachten, indem sie nach Vollaths 60-Meter-Gegentor infolge eines verunglückten Libero-Ausfluges demonstrativ „Marco Hiller“ feierten. „In meinen Augen muss das nicht sein. So etwas tut der Mannschaft nicht gut“, gab es sanften Tadel von Verlaat, der sich ansonsten auch verbal Mühe gab, „Positivität“ vorzuleben. „Natürlich haben wir uns das ganz anders vorgestellt“, sagte er: „Erfolgserlebnisse sind gerade am Anfang extrem wichtig. Damit du Feedback kriegst, dass funktioniert, was wir machen. Wir reden immer, was für eine gute Truppe wir sind, aber dieser positive Charakter ist gerade in solchen Phasen gefragt. Jetzt ist es Pflicht, dass du in zwei Wochen gegen Viktoria Köln was Zählbares holst.“
ULI KELLNER

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