Dass Willi Lemke tot ist, gehört zu den Nachrichten, die man nicht glauben mag. Weil die Vorstellung von ihm stets verbunden war mit einem hohen Maß an Aktivität. Vor ein paar Jahrzehnten tauchte er im Fußballbetrieb auf und schuf ein Bild von sich: Der drahtige Manager, der Marathon laufen konnte (und das nicht langsam), der Mann, der mit Transistorradio am Ohr samstags im Weserstadion steht, quasi immer auf Sendung und up to date ist. Er war es, der Otto Rehhagel als Erfolgstrainer erfand und die Bayern trotz des Standortnachteils, den man als Werder Bremen hat, ein paar Jahre unter Druck setzte. Und als er dann zurück in die Politik schwenkte und Bildungssenator in Bremen wurde oder als Sport-Sonderbeauftragter für die Vereinten Nationen um die Welt jettete – immer ging von Willi Lemke Energie aus. Energie und Empathie, denn er war ein Sozialdemokrat alter Prägung, ein Sozi, der respektiert wurde. Man fand einen Anlass, ihn zu mögen – entweder aufgrund seines Charakters oder weil er dazu beitrug, dass der Fußball uns gut unterhielt. Möglicherweise auch wegen beidem. Mit 77 wurde Willi Lemke sehr plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen.
Uns bleibt einigermaßen fassungslos nur die Würdigung, dass Lemke einer der seltenen Fälle in der Bundesliga-Geschichte ist, dass man einen Menschen mit der Entwicklung und dem Profil eines Vereins verbindet. Helmut Grashoff machte Mönchengladbach groß, Rudi Assauer lebte Schalke 04, Uli Hoeneß machte den FC Bayern zu seinem Werk, auch Aki Watzke muss man in diese Reihe stellen, ohne ihn hätte Borussia Dortmund nicht diese Wucht entfaltet. Und eben Willi Lemke. Was ihn von den anderen Macher-Größen unterschied, war, dass er einen Modus fand, sich offiziell von seinem Club zu lösen, in der öffentlichen Wahrnehmung aber weiter für ihn zu stehen. Das gelang sonst nur Reiner Calmund (wobei er es gut überspielen konnte, dass er in Leverkusen nicht freiwillig ging und sich in beratender Funktion an weitere Dienstherren verkaufte). Lemke war stets ein glaubwürdiger Werderaner – und der Club blieb auch in den neuen Zeiten bei sich; das war sein Vermächtnis.
Dass Lemke und Uli Hoeneß sich zofften, war unausweichlich – ihre Aussöhnung jedoch zwangsläufig. Weil sie wussten, dass sie einander sehr ähnlich sind und sich brauchen. Gerade für Uli Hoeneß muss die Nachricht von Willi Lemkes Tod unfassbar traurig sein. Guenter.Klein@ovb.net