Neustart: 1860-Trainer Argirios Giannikis will die Pokalpause maximal nutzen und das Team weiterentwickeln. © sampics
Gefragtester Mann des Abends: Kevin Volland, der noch einmal für 1860 oder Thalhofen auflaufen möchte. © Sampics / C. Pahnke
Weiß-blaue Einheit: Die Löwen haben sich intern geschworen, noch eine gute Saison zu spielen. Zumindest im Totopokal läuft es, beim FC Thalhofen gab es einen 10:0-Kantersieg. © Sampics
Marktoberdorf – Schiedsrichter Gürkan Günebakan war gnädig zu den 22 Spielern auf dem Platz, die sich bei Tropenhitze nicht geschont hatten. Er pfiff die einseitige Totopokal-Partie ab, ohne auch nur eine Minute nachspielen zu lassen. Warum auch? Die Löwen hatten 90 Minuten lang Einbahnstraßen-Fußball geboten und pro Halbzeit fünf Treffer herauskombiniert (Ott 3, Reinthaler und Hobsch je 2, dazu Deniz, Schubert und Wolfram). Und die ersatzgeschwächten Bezirksliga-Kicker des FC Thalhofen? Die quälten sich mit begrenzten Wechselmöglichkeiten über die Runden und verpassten es nur ganz knapp, das Ergebnis einstellig zu halten. 10:0 (5:0) hieß es am Ende für den Drittligisten aus München-Giesing, der den Unterschied von vier Ligen in ein standesgemäßes Ergebnis umgemünzt hatte.
Als es vorbei war, setzte ein Gewusel ein im Stadion des TSV Marktoberdorf: 2300 Feiertags-Ausflügler strömten zum Ausgang, die Spieler Richtung Dusche – und mittendrin machten große und kleine Fans Jagd auf Autogramme. Bezeichnend: Am gefragtesten war die Unterschrift von Kevin Volland (32), der eines Tages noch einmal für einen der beiden Vereine auflaufen möchte. Ob für 1860 oder für Thalhofen, wo sein Bruder Robin (30) schon wieder gelandet ist, das ließ der Ex-Nationalspieler offen. In einem angeregten Gespräch mit Marlon Frey, den er aus gemeinsamen Tagen in Leverkusen kennt (2016 bis 18), dürfte es auch darum gegangen sein. „Viele Fans hoffen, dass ich meine Karriere bei 1860 ausklingen lasse“, hatte der Bundesliga-Profi im Halbzeit-Interview zumindest ein bisschen Raum für weiß-blaue Rückkehr-Träumereien gelassen.
Erst mal müssen sich die Löwen aber anstrengen, wieder ein Verein zu werden, auf den man Bock hat, wenn man es sich aussuchen kann. Vollands Vertrag bei Union Berlin läuft 2026 aus. Bis dahin sollten die Löwen mindestens wieder in der 2. Liga zubeißen, wenn sie den ehrgeizigen Fünf-Jahres-Plan von Geschäftsführer Oliver Mueller einhalten wollen (Nummer zwei in Bayern bis 2029). In der aktuellen Drittligatabelle (Platz 19) sieht es zwar so aus, als müsse auch ein Regionalliga-Notfallplan geschmiedet werden, doch erstens sind erst zwei Spieltage absolviert. Und zweitens: Allen Unkenrufen zum Trotz glauben die Liga-Fehlstarter, noch eine gute Runde spielen zu können. Wie? Indem sie intern die Reset-Taste gedrückt haben …
Unsere Zeitung weiß: Im Anschluss an das desaströse 1:3 gegen Stuttgart II fand eine schonungslose Analyse des verpatzten Saisonstarts statt. Kein Frontalunterricht, bei dem die Sportliche Leitung die Spieler an die Wand genagelt hat. Im Gegenteil: Der Austausch soll konstruktiv gewesen sein, die Mannschaft selbstkritisch. Mit dem Grusel-Auftritt von Großaspach, so ist aus Spielerkreisen zu hören, konnte sich keiner identifizieren. Und auch der Trainer scheint sich vorgenommen zu haben, der Mannschaft in der Pokalpause einen neuen Schub zu verpassen. „Wir wussten, dass die Pause kommt – und wir wollen sie gut nutzen“, sagte Argirios Gianniks auf Nachfrage unserer Zeitung. „Ziel ist, unsere Spielidee anzupassen, zu optimieren und weiterzuentwickeln.“ Dabei will er sich weder bei der Systemfrage in die Karten blicken lassen, noch bei der Frage, ob der Kader vielleicht auch noch mal optimiert wird. „Intern sind wir in Gesprächen“, sagte er: „Schauen wir mal, was passiert. Kein Trainer der Welt wehrt sich gegen Verstärkungen, glaube ich.“
Im Totopokal stehen die Löwen seit Donnerstag in der dritten Runde, in der Liga wird der dritte Spieltag zeigen, wohin die Reise geht. Intern ist man sich einig: Das Heimspiel gegen Viktoria Köln am Sonntag in einer Woche soll für alle ein Neustart werden.
ULI KELLNER