Immer wieder mal wird im Sport ein Ende erreicht. Zwei Seiten, in der Regel ein Verein und sein Spieler, stehen in einem Verhältnis, das die Balance verliert, das bemerken sie auch beide. Doch final auseinanderzugehen, ohne dass es demütigend und schmutzig wird, das muss man erst einmal hinbekommen. Die Herausforderung steigt mit der Prominenz der Beteiligten.
Vor allem die Geschichte des FC Bayern ist voller Schlussmacherei, die die höchsten diplomatischen Ansprüche stellt. Der Club hat ein starkes Selbstwertgefühl und mag es nicht, wenn einer seiner Angestellten ihm das Gefühl vermittelt, es gäbe auf der Fußballwelt noch attraktivere Arbeitgeber. Andersherum kränkt es einen Spieler, wenn er nicht mehr dazugehören soll zu diesem Zirkel der Auserwählten, der Mia-san-mia-Gesegneten – und auch dies: Es geht ums Geld. Denn wer kein neues Angebot der Bayern mehr erhält. muss damit rechnen, dass es für ihn kein Wachstum mehr gibt.
Was den Bayern in ihrer Geschichte geholfen hat, ist, dass es Fußballmärkte außerhalb der Bundesliga gibt. In den 70er-Jahren war das die aufstrebende US-Liga, die die großen Namen einsammelte, zu denen auch der den bayerischen Steuerbehörden unangenehm aufgefallene Franz Beckenbauer gehörte und Gerd Müller, der altersbedingt nicht mehr so viele Tore schoss und das Spiel bremste. Später dann, im Jahr 2000, wollte Lothar Matthäus der Weltmann sein – und Trainer Ottmar Hitzfeld war befreit von der Last, eine 40-jährige Vereinsikone Libero spielen lassen zu müssen.
Auch in diesem Jahrhundert hatte der FC Bayern einige Fälle zu lösen: Giovane Elber war gerade Bundesliga-Torschützenkönig geworden – aber man bekam den noch trefflicheren Roy Makaay. Also: Wohin mit Elber? Oder: Miroslav Klose – super in der Nationalmannschaft, aber in München halt nur Ergänzungsspieler. Bei Mario Gomez war es dann so, dass man sich, als Pep Guardiola 2013 an der Säbener Straße die Geschäfte aufnahm, nicht vorstellen konnte, wie er in ein von lauter wuseligen Akteuren getragenes System passen sollte. Wie es ausging: Elber entdeckte Lyon, Klose Rom, Gomez Florenz. Drei schon reifere Fußballer konnten verkünden, dass sie im Leben noch einmal auf Entdeckerreise gehen würden: der genießerische Elber in der Stadt von Paul Bocuse, der fromme Katholik Klose im Schatten des Peterdoms, der schöne Gomez in den Ausstellunghallen der Uffizien.
Das Glück fand nur Klose, Elber wurde Sportinvalide, Gomez verschlug es über Umwege noch weiter nach Wolfsburg – doch als sie München verließen, war es kein Eingeständnis der Niederlage.
Darauf wird es auch ankommen, wenn die Bayern und Leon Goretzka sich trennen (sollten). Als deutscher Irgendwie-schon-noch-Nationalspieler verdient er einen Club, der nach Champions League klingt, nach neuer Kultur, neuen Lebensperspektiven. Sein Herzensverein wäre zwar der VfL Bochum – doch diese Wendung wäre zu romantisch für den modernen Fußball. Guenter.Klein@ovb.net