Neuer Stil: Trainer Kompany setzt auf Pressing. © Imago
Wieder obenauf: Korea-Kante Kim überzeugt.
Offensiver Tatendrang: Joshua Kimmich darf unter dem neuen Trainer im Mittelfeld wieder weiter vorne agieren. In Ulm bereitete er das 1:0 durch Müller vor. © Imago
München – Schon früh, nachdem Vincent Kompany als Cheftrainer des FC Bayern übernommen hatte, wurde seine Handschrift deutlich: Der Belgier setzt auf ein aggressives Pressing-Verhalten und lässt dabei fast über den ganzen Platz Mann gegen Mann verteidigen. Die Münchner Mannschaft hat Lust auf diese Spielweise, die sie bereits im Triple-Jahr 2020 unter Hansi Flick mehr als erfolgreich praktizierte. Mit einem guten Positionsspiel sollen darüber hinaus die Passwege kurz gehalten werden. „Natürlich gefällt es mir, dass wir wieder einen Pressingansatz haben, das kommt meinen Stärken entgegen“, ließ Thomas Müller unlängst wissen.
Doch das ist nicht der einzige clevere Taktik-Kniff, den Kompany bisher beim deutschen Rekordmeister angewendet hat. Anders als viele seiner Vorgänger macht sich der 38-jährige Fußballlehrer den offensiven Tatendrang von Joshua Kimmich zunutze. Statt dem Nationalspieler defensive Ketten im Mittelfeldzentrum anzulegen, hat er Kimmich einfach ein Stück weiter nach vorne geschoben. Dort kann er seine Stärken – wie beispielsweise die präzisen Chip-Bälle ins letzte Drittel – am besten umsetzen. Beim 4:0-Pokalerfolg in Ulm legte er für Thomas Müller die frühe 1:0-Führung auf. Für den defensiven Part auf der Sechser-Position sind Neuzugang Joao Palhinha oder Eigengewächs Aleksandar Pavlovic zuständig.
In der Abwehrreihe hat Kompany ebenfalls kleine, aber feine Änderungen vorgenommen. Unter anderem lässt er Minjae Kim als rechten Innenverteidiger ran. Auf dieser Position wurde die Korea-Kante in Italien als bester Verteidiger der Serie A ausgezeichnet und zog das Interesse zahlreicher Top-Clubs auf sich. Unter Kompanys Vorgänger Thomas Tuchel musste Kim häufig als linker Innenverteidiger ran, was nicht immer förderlich für sein Spiel war. In Ulm blühte der Südkoreaner sowohl in der Rückwärtsbewegung als auch im Spielaufbau auf – und leitete das zwischenzeitliche 2:0 durch Müller mit einem wunderbaren hohen Pass ein.
Dadurch eröffnen sich auch im Spielaufbau neue Möglichkeiten. In Ulm spielte Raphael Guerreiro als linker Verteidiger. Bei Ballbesitz zog der Portugiese häufig ins Mittelfeld-Zentrum, Rechtsverteidiger Josip Stanisic rückte nach innen – und so wurde aus der Vierer- eine Dreierkette. Es birgt aber auch die Gefahr, dass im Falle eines gegnerischen Konters zu viel Raum hinter der letzten Kette entsteht. Darum wird Torhüter Manuel Neuer wieder häufiger als Libero aushelfen müssen.
Bleibt die Frage, wie Kompany seine Mannschaft im Hinblick auf das erste Bundesligaspiel am Sonntag in Wolfsburg (15.30 Uhr, DAZN) taktisch ausrichtet. Routinier Müller führte bisher häufig die Rolle von Torjäger Harry Kane als einzige Sturmspitze aus – und das gelang ihm mit Bravour. Zumal nicht jeder überzeugt ist, dass Kane in der Spitze der ideale Mann ist, um den neuen Pressing-Stil umzusetzen.
MANUEL BONKE, P. KESSLER