Figuren im großen Formel-1-Spiel: Chris Horner mit Ehefrau Geri, neben ihnen (r.) der umworbene Designer Adrian Newey. © EPA/ALI HAIDER
München – Der Countdown läuft. Am Sonntag wird mit dem Großen Preis der Niederlande in Zandvoort das erste Rennen nach der vierwöchigen Sommerpause gestartet (Start 15 Uhr, Sky und RTL übertragen live). Während die Fahrer entspannten und Urlaub machten, die Techniker keinen Laptop bedienen durften, liefen die Köpfe der Entscheidungsträger der automobilen Königsklasse auf Hochtouren. Hinter den Kulissen rauchten die Köpfe gewaltig, das Internet war voll von News. Besonders für Red Bull gab es einen Sommer-Blues. Immer wieder stand das Team von Weltmeister Max Verstappen im Mittelpunkt, nie positiv. Die Stories rankten sich zum großen Teil um Designergenie Adrian Newey (65). Mal war er mit Ferrari einig, dann wieder mit Aston Martin. Ständig wechselten die Ansichten, wo der „Daniel Düsentrieb“ nach der Kündigung aus „persönlichen Gründen“ bei Red Bull aufschlagen könnte.
In den letzten Tagen gab es nochmal eine überraschende Wende: Plötzlich ist nämlich Alpine mitten im Spiel. Die Franzosen hatte vorher niemand auf der Rechnung. Doch ein Newey-Insider verriet: Renault-CEO Luca di Meo und sein von ihm vor Kurzem berufener „Feuerwehrmann“ Flavio Briatore trafen sich schon mit dem Briten und versprachen ihm das Blaue vom Himmel, damit das Aerodynamikgenie zur sportlichen Tochter von Renault wechselt und sie wieder auf die Erfolgsspur bringt.
Neben finanziellen Aspekten garantierten sie ihm völlige Entscheidungsfreiheit in allen Bereichen. Das schmeichelt Newey am meisten. Er denkt jetzt laut Insidern darüber nach. Was für den Sensationswechsel sprechen könnte: Neweys Ehefrau Amanda liebt nicht nur ihren Mann, sondern auch das Leben. Einerseits will sie mit ihrem Mann im Winter viel Zeit in ihrer Heimat Südafrika verbringen – andererseits weiß sie, dass während der Saison ihr Ehemann am liebsten auf der Insel bleibt.
Alpine könnte die optimale Basis hierfür bieten. Die Formel-1-Fabrik ist in Enstone in der Nähe von London, die Motorenfabrik in Paris. Und es ist ja bekannt, dass die Stadt der Liebe nicht nur Neweys Ehefrau während der Olympischen Spiele verzaubert hat. Einige Besuche in der Motorenfabrik wären deshalb voll nach ihrem Geschmack.
Die Sommerpause nutzte Red Bul mit einer schlichten Pressemitteilung, um sein leidigstes Thema scheinbar zu beenden: Ein kleiner Auszug aus der trockenen Aussendung des Energydrink-Herstellers: „Früher im Jahr wurde eine Beschwerde gegen Christian Horner eingereicht. Diese Beschwerde wurde mit einem Beschwerdeverfahren im Unternehmen behandelt, wobei der damit beauftragte unabhängige Kronanwalt die Beschwerde abwies.“
„Die Klägerin machte von ihrem Recht auf Berufung Gebrauch, und dieses Berufungsverfahren wurde von einem anderen unabhängigen Kronanwalt durchgeführt“, heißt es in der Mitteilung: „Alle Phasen des Berufungsprozesses wurden nun abgeschlossen, mit dem finalen Ergebnis, dass die Berufung nicht aufrechterhalten wird.“
Vorgeschichte: Dem Red-Bull-Teamchef wurde ein Fehlverhalten gegenüber einer Mitarbeiterin vorgeworfen, weshalb es rund um den Saisonstart zu einer internen Untersuchung gegen Horner gekommen war, die von einem unabhängigen Anwalt durchgeführt wurde. Nach acht Wochen wurde Horner von diesem jedoch freigesprochen. Die Mitarbeiterin, die im Zuge der Horner-Affäre vom Team suspendiert wurde, ging gegen das Untersuchungsergebnis allerdings in Berufung, anschließend wurde es still um das Thema, das zuvor extreme Wellen nicht nur in der Formel-1-Szene geschlagen hatte.
Allein: Vorbei ist das Thema für die Österreicher, die sich mittlerweile den Entscheidungen der thailändischen Mehranteilseigner beugen müssen, noch nicht. Denn die Mitarbeiterin will jetzt in England vor einem Zivilgericht gegen Horner klagen. Dessen Anwälte wollen gerade erst verhindern, dass dieser Prozess und alle darin zur Urteilsfindung benötigten Details wie private Nachrichten oder Fotos öffentlich werden.
Unter anderem die ehrwürdige BBC will genau das erreichen. Sie argumentiert, dass Horner eine Person des öffentlich Interesses sei und er dafür auch alles getan habe. Beispielsweise ließ er aufwendige Homestorys für mehrere Folgen der F1-Doku bei Netflix zu. Noch ist für Horner und die Unter-den-Teppich-Kehrer von Red Bull die Geschichte nicht ausgestanden. Der größere Winter-Blues könnte noch kommen.
RALF BACH