ZUM TAGE

Die Schiedsrichter sehen nichts mehr

von Redaktion

Es ist nicht nur der VAR

Der Video Assistant Referee, kurz VAR, hat den Fußball zerstört. Der erste Spieltag der neuen Bundesliga-Saison war wieder voller kurioser Unterbrechungen, Verzögerungen, Entscheidungen. Doch der VAR wird nicht mehr weggehen. Er hat eine schweigende, aber starke Lobby. Die großen Vereine sind für ihn, weil sie kalkulieren, dass der Faktor Zufall eine weniger schadhafte Rolle spielen wird, wenn jede strittige Szene seziert wird. Durchsetzen wird sich dann die höhere Qualität einer Mannschaft und letztlich auch das höhere Budget des Clubs.

Doch es ist nicht der VAR allein, der uns den Fußball verleidet. Es ist auch die mangelhafte Qualität der Schiedsrichter – und ihre Unfähigkeit, in Punkten wie der Handspielauslegung zu einer verlässlichen Linie zu finden. Es darf schlicht nicht sein, dass, wie der FC Augsburg moniert, unter der Woche Felix Brych eine Regeleinweisung für die Mannschaft aushält und am Samstag dann Sascha Stegemann etwas komplett anderes pfeift. Und es kann auch nicht sein, dass man es einfach so hinnimmt, dass die Bundesliga-Schiedsrichter offensichtlich nicht mehr in der Lage sind, Situationen wahrzunehmen und richtig zu bewerten, die sich vor ihrer Nase abspielen. Was beim Auftaktspiel Mönchengladbach – Leverkusen nach VAR-Eingriffen als Entscheidung stand, konnte man im Rahmen der üblichen Diskussionen akzeptieren, doch warum braucht Robert Schröder zu allem eine Zeitlupe, warum identifizieren die an den Seitenlinien postierten Robert Wessel und Jan Clemens Neitzel-Petersen nicht zweifelsfrei eine Abseits- oder Nichtabseitsstellung? Dafür müssten sie ausgebildet sein, dafür werden sie in der höchsten Liga eingeteilt, dafür bekommen sie ein nicht unerhebliches Tageshonorar.

Die deutschen Schiedsrichter sind mit der Einführung des VAR schlechter geworden. Sie verlassen sich auf die Technik, sie haben keinen Entscheidungsmut mehr. Sie fügen sich karrieristisch dem DFB, wer wie etwa Tobias Stieler auftritt als Botschafter des Videobeweises, der macht sich lieb Kind bei den Oberen. Aber er steht nicht mehr für das, wofür man als Schiedsrichter einmal stand.

Keine Frage: Die Referees von heute sind Persönlichkeiten mit interessanten Berufen, sie verstehen es, resolut aufzutreten. Doch sie schreiten auf dem falschen Feld voran: Sie schreiben Bücher, sie inszenieren sich in den Sozialen Medien, sie sind Protagonisten in Dokumentationen, sie treten am Sonntag im „Doppelpass“ auf, bereit, sich dafür feiern zu lassen, „dass sie sich stellen“. Sie sprechen gedrechselte Sätze, sie machen bella figura, sie zeigen sich als Mensch wie du und ich.

Doch all das ist Beiwerk. Und letztlich verzichtbar. Schiedsrichter sollen Situationen erkennen und fachlich stark sein. Das sind sie nicht mehr. Die deutschen Schiedsrichter sind schlecht geworden. Auch, aber nicht nur wegen des VAR. Guenter.Klein@ovb.net

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