Der Taktik-Zettel wanderte in Müllers Hose. © IMAGO
„Tempo reingebracht“: Müller überzeugte. © IMAGO
München – Über seine neuen Rekorde wollte Thomas Müller noch nicht sprechen. „Da warten wir bis nächste Woche in der Arena“, sagte der 34-Jährige nach dem 3:2 (1:0) seiner Bayern in Wolfsburg. Durch seine Einwechslung in der 65. Minute kam Müller zu seinem 474. Bundesliga-Einsatz für den deutschen Rekordmeister. Kein anderer Spieler stand in diesem Wettbewerb so häufig für die Münchner auf dem Platz. Sepp Maier kommt auf 473 Liga-Partien. Im Heimspiel gegen Freiburg am Sonntag (17.30 Uhr, DAZN) kann Müller dann den nächsten Rekord der „Katze von Anzing“ knacken. Betritt der Raumdeuter auch dann den Rasen, hat er 710 Pflichtspiele für die Roten absolviert, den Maier-Rekord hat er in Wolfsburg also schon mal eingestellt.
Müller ist und bleibt ein Phänomen. Mit seiner Einwechslung kam in Wolfsburg die Wende und der 1:2-Rückstand wurde postwendend gedreht. „Thomas Müller hat wieder Tempo rein gebracht“, lautete die Analyse von Cheftrainer Vincent Kompany. Sportdirektor Christoph Freund lobte: „Thomas hat richtig gut wieder Energie hereingebracht, hat die Mannschaft wieder gepusht, war an allen entscheidenden Szenen mit dabei.“
Auch vor dem dritten Tor, bei dem Müller sich nicht fallen ließ, sondern den Ball auf Harry Kane weiterleitete. „Ich glaube, in den entscheidenden Szenen tut Thomas Müller der Mannschaft mit seiner Routine, seiner Überzeugung und Spielfreude einfach gut. Er war ein wichtiger Faktor, dass wir das Spiel gedreht haben“, sagte Freund.
Die Blumen der sportlichen Leitung nimmt der Ur-Bayer zwar dankend an, doch seinen unbändigen Ehrgeiz kann und will Radio Müller nicht verstecken – und machte in den Katakomben des Wolfsburger Stadions eine Startelf-Ansage: „Mir wäre es lieber, ich könnte der Mannschaft diesen Ruck schon ein bisschen früher geben. Das wäre mir sogar am allerliebsten.“
Auf Nachfrage, ob sich Müller mit der Joker-Rolle auch in München anfreunde könnte, stellte Müller klar: „Es gibt im Profi-Fußball – und da wiederhole ich mich gerne – kein Anfreunden mit Rollen. Sondern: Du musst jedes Spiel bereit sein, alles einzuhauen. Und der Trainer bestimmt, wie viel Spielzeit du kriegst.“ Für alle Spieler gehe es darum, sich so zu qualifizieren, „dass der Trainer uns von Beginn an aufstellt. Und das ist das Spiel“.
Neben dem neuesten Müller-Rekord bleibt noch ein lockerer Spruch aus dem Wolfsburg-Spiel in Erinnerung. Als der Offensivspieler auf seinen Taktik-Zettel in der Unterhose angesprochen wurde, den ihm Trainer Kompany zugesteckt hatte, scherzte er: „Es war schon alles leicht verschwommen. Im Triebwerk, da ist es oft heiß!“ Kollege Joshua Kimmich meinte zur Aktion: „Haben Sie gesehen, wo sich der Thomas den Zettel hingepackt hat? Den wollte ich nicht anfassen.“
MANUEL BONKE