ZUM TAGE

Wie 2012 – nur anders

von Redaktion

Bayern starten Mission „dahoam“

Natürlich ist die angelaufene Saison eine jener Spielzeiten, in der das perfekte Drehbuch schon längst geschrieben ist. Läuft alles so, wie es sich die Verantwortlichen und Kadertüftler beim FC Bayern in den Plan- und Rechenspielen der vergangenen Wochen ausgedacht haben, wird Vincent Kompany mit seinem Team exakt 275 Tage nach der Auslosung am gestrigen Donnerstag den Henkelpott für den Gewinn der Champions League in den Münchner Nachthimmel recken. Der 31. Mai – der Tag, an dem nach 2012 das zweite „Finale dahoam“ steigt – ist ab sofort bei jedem der mindestens 13 und maximal 17 Spiele, die bis zur Krönung warten, im Kopf der roten Protagonisten. Ganz genau wie einst der 19. Mai 2012.

Die ersten Hürden hießen damals Villarreal, Neapel und Manchester City – „nur“ drei Vorrunden-Gegner statt wie heuer gleich acht. Der Weg ist in die K.o.-Runde ist weiter, vielleicht ein wenig härter und geprägt von ein paar echten Reifeprüfungen mehr als vor 13 Jahren. Und trotzdem bleibt gleich, was in der Branche schon immer gilt: Alles, was bis zum Frühjahr passiert, ist für die großen europäischen Teams Vorgeplänkel; an den entscheidenden Tagen geht es um Spielglück, den Schiedsrichter und die Verletztenliste. Was nicht heißt, dass die Partien bis dahin nicht Einfluss nehmen können. Zur Erinnerung: Auch 2011/12 gelang keine perfekte Gruppenphase – und das Aus im Achtelfinale nach dem 0:1 gegen den FC Basel gemeinsam abgewendet zu haben, hat das Team auf seinem Weg bestärkt.

Gute Drehbücher brauchen eine Dramaturgie, Heldengeschichten verlaufen selten gradlinig. Und mit Blick auf die Kompany-Truppe fehlt für einen Start-Ziel-Jubel-Sieg auch die Besetzung. Der Kader, mit dem der junge Trainer in seinem ersten Jahr an der Seitenlinie arbeiten darf, ist bei Weitem kein schlechter. Aber er ist eben von vorne bis hinten von Unwägbarkeiten geprägt, die sich für den ganz großen Wurf in die richtige Richtung entwickeln müssen. Konkret heißt das: Wie konstant Weltklasse hält Manuel Neuer in seiner womöglich letzten Saison? Wie sattelfest kann die aktuell stark dezimierte Abwehr werden? Wie gut passt das vermeintlich wichtigste Puzzle-Teil Joao Palhinha ins Mittelfeld? Wie konstant ist der (juveline) Spiel-Rausch von Michael Olise und Serge Gnabry? Und wie viele Tore kann Harry Kane auf dem Weg zu seinem ersten Titel beisteuern?

Nicht alles kann und wird so laufen, wie Kompany es sich wünscht, und man darf auch nicht vergessen, dass die Planung aus diversen Gründen langfristig angelegt ist. Trotzdem startet man die Mission nicht aussichtslos. Das Halbfinal-Aus im Vorjahr gegen den späteren Sieger Real war unglücklich – und wer weiß? Vielleicht spielt das Schicksal diesmal andersrum. Wembley 2024 hat (anders als 2013) nicht geklappt. München wäre die beste Entschädigung. Hanna.Raif@ovb.net

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