ZUM TAGE

Der Fußballer als Aktie

von Redaktion

Finales Transfer-Feilschen

Der August hat 31 Tage, das Transferfenster schloss aber schon am 30. Freunde des großen Spielerwechsel-Entertainments werden dezent geflucht haben: Einen Tag hergeschenkt! Wer etwas konservativer denkt, wird durchatmen: Ist das Spektakel um den „Deadline Day“ nun wieder für ein paar Monate vorbei. Denn in den heißen letzten Tagen wirkt das Geschäftsgebaren des Fußballs abstoßend. Und manche Last-Minute-Aktion schlicht lächerlich. Von vielen Spielern wird man letztmals im Moment ihres Besitzerwechsels etwas hören.

Doch was genau steckt hinter diesem Gebaren der Clubs, auf den letzten Metern noch in ein würdelos anmutendes Gefeilsche einzutreten? Wurden im Juni oder Juli die Hausaufgaben nicht gemacht, sodass alles erst kurz vor Abgabe erledigt wird? Sind die Sportvorstände, Direktoren und Kaderplaner alle entscheidungsschwach? In manchen Fällen ist das vielleicht so, doch das Ausufern des Transfermarkts hat einen anderen Grund: Die Vereine versuchen, auf kreative Art und Weise an Geld zu kommen. Sie investieren – um später mehr herauszubekommen.

Es gibt sie ja, obwohl der Fußball von einem weltweiter Scouting-Netz umspannt ist, immer noch: Geschichten von wundersamen Entdeckungen und sagenhaften Renditen. Zum Beispiel hat der FC Augsburg im Januar 2023 einen damals 18-Jährigen aus der zweiten belgischen Liga verpflichtet, für 100000 Euro. Die vage Hoffnung, dieser Nobody Arne Engels, könnte schon Bundesligaformat haben, schlug die realistische Erwartung, dass seine Entwicklung langsam vorangehen und sich erst in ein paar Jahren zeigen werde, ob er was tauge. Doch regelmäßige Bundesliga-Einsätze haben Engels auch auf den Schirm der belgischen U21-Nationalmannschaft und in den Dunstkreis des A-Teams gebracht – und nun legte Celtic Glasgow ein Kaufangebot von um die 13 Millionen Euro auf den Tisch. Eine Wertsteigerung, wie sie keine Aktie schafft.

Engels war der einzige von sieben internationalen Akteuren, die der FC Augsburg in der Transferperiode vor gut eineinhalb Jahren verpflichtete und der Stammspieler wurde. Die anderen sechs sind weiterverliehen oder an sonstwie abgegeben worden. Doch selbst am sportlich größten Flop, dem Portugiesen Renato Veiga, der selten pünktlich zum Training kam und den man nach wenigen Monaten leichten Herzens gehen ließ, konnte noch verdient werden – inzwischen gehört Veiga dem FC Chelsea, einem der wildesten Einkäufer auf dem Transfermarkt. Einen Irren gibt es immer.

Heutzutage ist die Spekulation ein mindestens genauso starkes Motiv bei der Verpflichtung eines Spielers wie die Überlegung, ob er eine sportliche Verstärkung ist und man ihn braucht. Früher wurde es in Vereinen bedauert, wenn man einen Spieler nicht halten konnte, inzwischen feiert man Verkäufe. Sie bringen den Einsatz für die nächste Wette. Und so wird es weiter, immer weiter gehen. Guenter.Klein@ovb.net

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