München – Als Thomas Müller von 75 000 Zuschauern frenetisch gefeiert wurde, hatte für die Reservespieler des SC Freiburg längst der Alltag begonnen. Der Rekordmann des FC Bayern stand nach seinem 710. Pflichtspiel auf dem Zaun der Südkurve, in seinem Rücken zogen die mit 0:2 nach Hause geschickten Breisgauer die ersten Sprints des Ersatztrainings an. Eine kuriose Szenerie, die Müller selbst aber kaum mitbekam. Denn um ihn rum war es nach dem ersten Heimspiel der noch jungen Saison – und seinem persönlichen Sahnetag – laut, sehr laut.
„Müller auf den Zaun“ hatten die Fans skandiert, der Torschütze zum 2:0 hatte sich freilich nicht lange bitten lassen. Zum einen, weil Thomas Müller eben Thomas Müller ist, zum anderen, weil er wusste, was ihn da oben erwartet. „Einige von ihnen kenne ich persönlich“, sagte er nachher bei DAZN, und daher wisse er auch, „wie viel die auf sich nehmen“, um das Team anzufeuern. Müller gab in diesem paar Minuten alles zurück, was er hatte – und er versprach, was die rot-weißen Fans gerne hörten: „Ich habe ihnen gesagt, dass sie hart arbeiten sollen, denn sie werden einige Urlaubstage brauchen. Denn wir haben Einiges vor in dieser Saison.“
Ein Triple-Versprechen am zweiten Spieltag? Müller schmunzelte: „In weiter Ferne ist das Finale dahoam.“ Daran, dass er auf dem Weg dahin in seiner vermeintlich letzten Saison nicht nur ein Statist, sondern ein Hauptakteur sein wird, hat spätestens seit Sonntag keiner mehr Zweifel. Den beiden Toren im DFB-Pokal und dem überragenden Auftritt gegen Wolfsburg ließ er gegen Freiburg einen Geniestreich folgen. Den Treffer zum erlösenden 2:0 zählte er selbst zu den schönsten zehn seiner Karriere. Vincent Kompany fügte mit Blick auf das Gesamtkunstwerk Müller an: „Überragend, unglaublich.“
Der Trainer stand übrigens selbst auf dem Platz, als die bayerischste aller bayerischen Karriere vor 16 Jahren startete. Im August 2008 empfing der FC Bayern den Hamburger SV – und Kompany. Dass er irgendwann mal an jenem Tag in verantwortungsvoller Rolle sein würde, an dem die Fans ein Plakat mit den Worten „710 Mal 100 Prozent für den FC Bayern und kein Ende in Sicht. Danke, Chapeau und weiter so, Thomas!“ in die Höhe halten, war damals noch nicht abzusehen. Was aber abzusehen ist? Dass „es weiter geht, viele Spiele kommen noch“. Wie viele, ist selbst Sepp Maier jetzt egal – der im Stadion war, als Müller ihn übertrumpfte.
HLR, VT