ZUM TAGE

Ende, Legende

von Redaktion

Leverkusens Pleite – und die Folgen

Eigentlich war jedem klar, was passieren würde. Sieben Minuten Nachspielzeit, da wird Bayer Leverkusen doch normalerweise nicht nervös, sondern immer selbstbewusster. Aber an diesem Samstag war eben der Tag gekommen, an dem alles anders war. Die sonst so sicheren Abwehrmänner kamen sich gegenseitig in die Quere, ein Kopfball von Florian Wirtz, dem Last-Minute-Matchwinner der Vorwoche, verhungerte und statt genialer Schachzüge bekamen die Zuschauer Fehlpässe zu sehen. Die Uhr tickte in diesem Topspiel gegen RB Leipzig, in dem es zur eigentlicher Leverkusener Prime Time 2:3 stand. Und so blieb dieses Ergebnis halt bis Schlusspfiff stehen. Verbunden mit der Botschaft: Ende, Legende!

35 Spiele hat die nationale Ungeschlagen-Serie des Double-Siegers gehalten, seit Mai 2023 war das Team von Xabi Alonso nicht als Verlierer vom Platz gegangen. Dass es irgendwann passieren musste, war jedem klar, und trotzdem wäre es zu einfach zu sagen, dass sich die Pleite zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison angebahnt hat, weil der Meister-Glanz so langsam verblasst. Ja, der Sieg zum Liga-Auftakt war von mehr Glück als Verstand geprägt, und ja, auch der Pokalauftritt in Jena nicht sonderlich glorreich. Aber die Niederlage wäre absolut nicht nötig gewesen, weil alleine die erste Halbzeit gegen Leipzig stark an die besten Auftritte der historischen vergangenen Spielzeit erinnerte. Leverkusen kann es noch, das steht außer Frage. Aber Leverkusen ist nicht überirdisch, sondern menschlich, das ist jetzt in der Liga angekommen.

Überhaupt hat die noch junge Saison ja schon so Einiges offenbart, was den neutralen Fan interessiert. Die Mannschaften, die es schwer haben werden – St. Pauli, Bochum, Kiel –, müssen von Tag eins gegen den Abstieg kämpfen, während es zwischen hoch und mittelgut eingeschätzten schon diverse Überraschungen gab. Bayern und RB kommen stark daher, Stuttgart hadert, Dortmund ist immer für Ausschläge nach unten zu haben – und nun kommt halt noch die Sache mit den besiegbaren Bayer-Kickern hinzu. Es hat schon schlechtere Versprechen an eine spannende Spielzeit gegeben.

Interessant war auch zu sehen, wie der geschlagene Meister mit der Pleite umgegangen ist. Nicht zornig, sondern reflektiert, in dem Bewusstsein, dass es härtere Arbeit ist, oben zu bleiben als nach oben zu kommen. Alles auf null, der 31. August ist eine Art Neustart – für die Übermächtigen und ihre Gegner. Die kommenden Wochen sind da durchaus als Reifeprüfung für das Team und Trainer Alonso zu sehen. Darin kann man etwas Positives sehen, genau wie in dem Fakt, dass dem von Bayern lange umgarnten Jonathan Tah am Tag der Tage keine negative Hauptrolle zugekommen ist. Denn dann wäre die Geschichte eine andere gewesen… Hanna.Raif@ovb.net

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