Trainingsbesuch: Die NHL-Stars Connor McDavid (r.) und Auston Matthews mit EHC-Torhüter Kolarz. © NHL
Als Cheftrainer emotional: Max Kaltenhauser bei den Eisbären Regensburg. © IMAGO
„Toni mit meinem Wissen unterstützen“: Max Kaltenhauser (l.) mit EHC-Headcoach Söderholm. © IMAGO
München – Mit einem neuen Co-Trainer geht der EHC Red Bull München in die Eishockeysaison 2024/25. Der gebürtige Ebersberger Max Kaltenhauser (43) kam von den Eisbären Regensburg, mit denen er als Chefcoach überraschend Meister in der DEL2 geworden war. Ein Gespräch über seine Laufbahn und seine Rolle in München (worüber es auch schon Spekulationen gab).
Herr Kaltenhauser, ist Ihnen bewusst, dass Sie einen großen Traum der Münchner Fanszene zerstört haben? Die wünschte sich auf einem Transparent „Auf geht‘s, Kassel, kämpfen und siegen“. Als Meister der DEL2 wäre Kassel aufgestiegen, Münchens Erzrivale Augsburg hätte den Platz in der DEL verloren. Das haben Sie verhindert, weil Sie mit Regensburg die Finalserie der DEL2 gewonnen haben.
Da muss ich mich eingangs gleich entschuldigen, diese Tragweite war mir nicht bewusst. Aber dann müssen die Fans zum Auswärtsspiel nicht so weit fahren.
Die DEL2-Meisterschaft – der Höhepunkt Ihres bisherigen Eishockey-Schaffens?
Es hört sich bizarr an: Aber der Aufstieg aus der Oberliga zwei Jahre zuvor war noch schwerer zu erreichen, weil wir vier Runden, eine mehr als in der DEL2, gewinnen mussten. Regensburg hatte es 14 Jahre lang versucht, aus der Oberliga rauszukommen, auch unter prominenten Trainern. Da zählte nur der Aufstieg, und als wir den erreicht hatten, fiel wirklich Druck ab.
War der Erfolg mit Regensburg eine Auszeichnung für den Trainer Kaltenhauser oder den Manager Kaltenhauser, der einen interessanten Kader mit einigen Spielern deutlich jenseits der Dreißiger und sogar einem über vierzig gebaut hat?
Das habe ich mich auch gefragt. Es ist eine Kombination aus beidem. Ich wusste natürlich, welche Spieler zu meinem Spielstil passen. Im Misserfolgsfall kann es der Trainer nicht auf den Manager und umgekehrt schieben. Ich denke, es wurde in beiden Positionen ordentlich gearbeitet.
Die Schlussphase der DEL2-Saison war geprägt von einigen hektischen Trainerwechseln, es wurden Leute geholt wie Bill Stewart in Kassel, Rich Chernomaz in Bad Nauheim oder Niklas Sundblad in Dresden, deren Erfolge viele Jahre zurückliegen. Selbst im Unterhaus wird deutschen Trainern also recht reserviert begegnet. Woher kommt das Misstrauen?
Ich denke, es ist unserer Eishockey-Historie geschuldet. Wir sind nicht das Mutterland. Kommt einer von dort, hat er per se einen Bonus, man denkt, er weiß mehr, er hat mehr Kredit als ein Deutscher, der nicht hochklassig gespielt hat. Im Fußball hat man gelernt, dass einer kein Superspieler gewesen sein muss, um ein guter Trainer zu werden. Ich glaube, es gibt bei uns im Eishockey einige Deutsche, die gute Arbeit leisten. Wenn man Sebastian Buchwieser in Weiden nimmt (stieg in die DEL2 auf, d. Red.) und mich – wir waren keine Koryphäen am Stock. Das eine muss das andere nicht bedingen.
Warum sind Sie als Spieler eigentlich nie in München gelandet? In den Nullerjahren waren Sie als Mittelstürmer in der zweiten Liga und der Oberliga unterwegs.
Mit Christian Winkler (EHC-Manager, d. Red.) habe ich damals schon geredet, aber es hat sich nie so getroffen. Und man muss ehrlich sein: So gut, dass man den Kaltenhauser brauchte, um aufzusteigen, war ich nicht. Mit meiner Laufbahn als Spieler – Karriere würde ich sie nicht nennen – bin ich aber schon im Reinen.
Haben Sie neben dem Eishockey studiert?
Ich habe zwei Studiengänge abgeschlossen, bin Diplom-Sportwissenschaftler und habe einen Master im Management. Ich wusste nicht, wie die Marktlage als Trainer sein würde.
Nach München geholt wurden Sie jetzt von Christian Winkler und Teammanager Lorenz Funk. Hatten Sie zu Cheftrainer Toni Söderholm zuvor einen Bezugspunkt?
Persönlich habe ich ihn nicht gekannt, habe aber natürlich vor meiner Zusage mit ihm gesprochen.
Bei den Fans zog Ihre Verpflichtung den Reflex nach sich: Der DEL2-Meistertrainer ist der kommende Münchner Cheftrainer, falls es unter Söderholm nicht läuft. Wie stehen Sie zu dieser These?
Das ist sicher nicht meine Intention. Meinen Schritt zum Assistenztrainer habe ich sehr bewusst gesetzt. Ich hatte fünf sehr schöne Jahre in Regensburg, aber durch den Druck und Arbeitsumfang als Trainer und Manager in Personalunion war das auch psychisch eine enorme Belastung. In der DEL bin ich neu und erachte es als sinnvoll, die Luft als Assistent zu schnuppern und aus der vordersten Linie raus zu sein. Ich habe es Toni am Telefon gleich klipp und klar gesagt, dass ich als Co-Trainer unterschrieben habe. Ich möchte Toni unterstützen mit dem, was ich über Eishockey und Mannschaftsführung weiß – am Ende entscheidet er als Chef, was umgesetzt wird, ich bin loyal. Irgendwann und irgendwo und hoffentlich nicht bald werde ich aber schon ein Cheftraineramt bekleiden wollen.
Sie sind an der Bande der emotionale Typ?
Ich bin grundsätzlich ein kommunikativer, emotionaler und positiver Trainer, deswegen bin ich da. Aber in der Assistentenposition ist es nicht geboten, das Zepter in die Hand zu nehmen. Was man auf der Bank tut, ist jedoch auch nur ein kleiner Teil der Arbeit.
Wie gut oder nicht gut ist die Münchner Mannschaft? In fünf Testspielen gab es noch keinen Sieg.
In der Politik gibt es die 100-Tage-Bilanz. So lange bin ich noch nicht im Amt, und wir haben auch noch gegen keinen Liga-Konkurrenten gespielt. Wir sind auf europäische Topteams getroffen und sind nicht verprügelt worden, haben stets eine Chance gehabt. Es wird auch viel probiert, unsere Meinung im Trainerstab ist, dass wir auf einem guten Weg sind.
In den Trainingshallen des SAP Garden gab es neulich zwei so überraschende wie prominente Trainingsgäste: Connor McDavid von den Edmonton Oilers, den besten Eishockeyspieler der Welt, und Auston Matthews von den Toronto Maple Leafs. Haben Sie die beiden trainieren sehen?
Ja – und es war durchaus eine Augenweide.
Wie kam‘s dazu, dass diese Superstars hier aufkreuzten?
Es hieß, dass sie vielleicht privat vorbeischauen, konkret wurde es erst ein, zwei Tage zuvor. Ich habe mich schon dabei ertappt, fast nach einem Selfie zu fragen, habe es mir aber verkniffen.
EHC-Kapitän Patrick Hager sagt, mundartlich gebe es zwischen der Mannschaft und Ihnen große Übereinstimmung, in einer wesentlichen Fußballfrage aber nicht.
(lacht) Ich bin ein Löwe. In Regensburg war ich damit allein auf weiter Flur, hier habe ich wenigstens in Kony Abeltshauser einen Mitstreiter – aber wir kriegen die anderen noch auf den richtigen Weg. Ich sage immer: Die Löwen sind eine Lebensschule, du lernst, nicht abzuheben.
INTERVIEW: GÜNTER KLEIN