Der längste Konkurrenzkampf der Welt

von Redaktion

Bayern-Coach Kompany hat schon 20 Spieler eingesetzt – bis März geht‘s um die Wurst

Weiß, was er will: Kompany setzt jeden ein. © IMAGO

Duo mit Nachholbedarf: Eric Dier und Leon Goretzka gehören zu den Spielern, die bisher die wenigsten Minuten unter Vincent Kompany gesammelt haben. © Philippe Ruiz

München – Diese Minute Spielzeit war ja ganz okay, aber der eigentliche Grund zur Freude bestand für Leon Goretzka am Sonntag beim Blick aufs Datum. Die Partie gegen den SC Freiburg, in der er in der Nachspielzeit für Dayot Upamecano eingewechselt wurde und somit zu seinem ersten Pflichtspieleinsatz unter Vincent Kompany kam, war bekanntlich die erste nach geschlossenem Transferfenster – und somit waren die lästigen Fragen auch ohne große Worte beantwortet. Goretzka ist und bleibt mindestens bis zum Winter Bestandteil des Kaders. Seine Mission: den Platz in der Startelf zurückerobern. Dafür lässt er sich auf den längsten Konkurrenzkampf der Welt ein.

Ob die Entscheidung, die der 29-Jährige schon vor Wochen getroffen hatte, die richtige war, lässt sich freilich frühestens an Weihnachten – eher noch später – beantworten. Denn wie Max Eberl den von ihm zusammengestellten Kader und alle darin verpackten Eventualitäten bewertet, ließ er vor dem Start in die Länderspielpause durchleuchten. „Eine Saison ist verdammt lang“, sagte der Sportvorstand am Sonntag in der Arena – und „die Mannschaft steht erst hinten raus“. Übersetzt heißt das: Alles, was bis zu den entscheidenden K.o.-Spielen in der Champions League passiert, die 2025 aufgrund des neuen Formats erst Anfang März starten, ist Vorgeplänkel. Wenn es um die Wurst geht, werden laut Eberl „die, die die beste Form haben, die wichtigsten Spiele bestreiten“. Ein halbes Jahr lang muss man ab sofort hart arbeiten, um dann dabei zu sein. Nachlassen verboten.

Die Worte des Sportchefs sprechen eine klare Sprache, und sie decken sich mit den Gedanken, die Kompany mit Blick auf die Breite seines Teams hat. Explizit angesprochen auf Goretzka sagte der 38-Jährige am Sonntag: „Wichtig ist für mich, dass wir nach zwei Spielen fast der ganzen Mannschaft Minuten gegeben haben.“ Ganz bewusst ließ er gegen Freiburg auch Goretzka ran, es ging ihm da mehr um ein Symbol als ein sportliches Statement. Jeder soll sich in seiner klar kommunizierten Rolle gewertschätzt fühlen. Vom Dauerbrenner wie Manuel Neuer und Joshua Kimmich, die alle bisher 270 Pflichtspiel-Minuten der Saison gespielt haben, bis zu Goretzka, der eben bei exakt einer Minute steht.

20 Spieler hat Kompany bis jetzt eingesetzt, aus den Reihen der Profis fehlt nur noch Leroy Sané, „weil er nicht hundert Prozent fit ist“. Womöglich beim Gastspiel in Kiel könnte der 28-Jährige zu seinem ersten Einsatz nach Leisten-OP kommen. Er will es langsam angehen lassen, sagt: „Wir haben es bewusst offengelassen, um mir die Zeit zu geben, bis ich sagen kann: alles fühlt sich perfekt an.“ Im Training aber gibt er dieser Tage schon wieder Vollgas. Es ist eine Frage von höchstens ein bis zwei Wochen, ehe auch Sané mitmischt im Kampf um die Plätze. Er wird ein wenig aufholen müssen, um minutentechnisch mit den Kollegen mithalten zu können, die aktuell wie die erste Wahl wirken.

Neuer und Kimmich sind unantastbar, es folgen in Dayot Upamecano (265 Minuten) und Minjae Kim (261) zwei Verteidiger, denen Kompany bisher Fehler verzieh. Knapp dahinter: Serge Gnabry (257) und Aleksandar Pavlovic (241), der im Mittelfeld die Nase weit vor Joao Palhinha (29) hat. Ebenso gesetzt: Jamal Musiala (227) und Harry Kane (207). Auch Raphael Guerreiro (180), Michael Olise (147), Thomas Müller (146) und Mathys Tel (122) spielen eine gute Rolle, anders als diejenigen, die noch unter der 100-Minuten-Marke liegen. Goretzka und Palhinha, dazu Alphonso Davies (95), Kingsley Coman (73), Sacha Boey (65), Konrad Laimer (16) und Eric Dier (9).

Sie hören Eberls Worte gerne: „Wir werden alle Spieler brauchen.“ Wie wahr sie sind, wird man allerdings auch erst im Frühjahr wissen…
HANNA RAIF, PHILIPP KESSLER

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