Die Paralympischen Spiele, die am Sonntag zu Ende gehen, haben uns viel Freude bereitet. Nicht nur wegen der Pariser Kulisse, die die Olympischen Spiele noch etwas länger hat nachwirken lassen. Die Paralympics 2024 wären auch von anderer Stätte gut rübergekommen – weil sie eine Geschichte erzählt haben, die überzeugt. Nämlich: Inklusion ist das, was wir anstreben sollten und was jede Förderung verdient.
Der Sportler, der diesmal am meisten beeindruckt hat, war keiner vom Typ des paralympischen Superhelden, dessen Endleistung vergleichbar ist mit der unversehrter Stars des olympischen Hochleistungssports. Josia Topf hat diese Spiele aus deutscher Sicht gerockt. Ein 21-Jähriger, der schwimmt, obwohl die Natur ihn dazu nicht begünstigt, weil seine Beine von unterschiedlicher Länge sind und seine Arme, das eigentlich wichtigste „Werkzeug“, so kurz, dass er mit ihnen nicht anschlagen kann, sondern das mit dem Kopf tun muss. Aber das Wasser und Josia Topf sind eins, so wie das Leben und er eins geworden sind, weil er Einschränkungen nicht akzeptiert. Topf studiert, er fährt Auto, er betreibt Öffentlichkeitsarbeit, er gehört dazu.
Die Freude vieler, die in Paris an den Start gingen, war ansteckend. Es war die Freude, einen hochwertigen Erfolg zu erzielen und die Bestätigung für viel Trainingsarbeit zu erhalten. Es war die Freude an der Erfüllung. Es gab auch greifbare Enttäuschung wie beim Leichtathleten Leon Schäfer, der seine Vorleistungen nicht bestätigen konnte. Nicht alle fahren zufrieden nach Hause – paralympischer Sport ist normaler Sport, in dem es um die Optimierung von Leistung geht. Die Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens trägt dazu bei, dass wir als Sportkonsumenten das mit jeder Auflage Paralympischer Spiele immer mehr verinnerlichen.
Um so unverständlicher, ja nachgerade widerlich sind Forderungen nach einem Zurückfahren der Inklusion, wie sie zuletzt von AfD-Politikern zu vernehmen waren. Das In-die-Ecke-Stellen von Menschen als „Krüppeln“ ist eine Haltung, die Jahrzehnte hinter uns liegen sollte. Inklusion ist ein gesellschaftlicher Fortschritt und ihre Stärkung ein Zukunftsziel. Die Welt muss noch barrierefreier werden, der Zugang zum Sport für Menschen mit Handicap noch viel niederschwelliger sein. Selbst in Deutschland, in einer offenen Kultur, gibt es für die Hälfte der Behinderten keine Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen.
Paris 2024 sollte man als Bestätigung nehmen, Mittel in den Ausbau der Strukturen zu investieren. Für den paralympischen Sport in der Breite und der Spitze – und für den olympischen, der die Schubkraft für die ganze Szenerie liefert. Das Entstehen guter Geschichten zu fördern, sollte eine menschliche Gesellschaft sich etwas kosten lassen. Guenter.Klein@ovb.net