Gesprächsbedarf: Mit Davide Massa war die deutsche Elf nicht zufrieden. © IMAGO/Mueller
Seltenes Glücksgefühl: Joshua Kimmich traf zum 2:1. © IMAGO/Hufnagel
Robert Andrich und Hollands Cody Gakpo trafen sich am Dienstag auf Augenhöhe. © IMAGO/Mueller
Amsterdam – Dämpfer für die DFB-Stimmung! Das 2:2-(2:1)-Remis gegen die Niederlande bremst die Euphorie nach dem Kantersieg gegen Ungarn am Samstag (5:0) etwas – und wirft die Frage auf, was dem DFB zur absoluten Weltspitze fehlt. Schließlich zeigte diese Länderspielphase viele Parallelen zur Heim-EM, die zwar für positive Stimmung sorgte, sportlich aber kein voller Erfolg war: Wie beim 5:0 gegen Ungarn überzeugte die DFB-Elf auch dort gegen „kleine“ Gegner. Die erste Härteprüfung endete aber mit dem Aus gegen Spanien – das Unentschieden gegen Holland war nun die nächste Partie gegen eine Top-Nation, die die DFB-Elf nicht gewinnen konnte. Woran hapert es auf hohem Niveau?
Ein Problem liegt in der wackeligen Abwehr. Die Innenverteidiger Jonathan Tah und Nico Schlotterbeck waren aufgrund des hohen Pressings teils mit dem hohen Tempo der niederländischen Stürmer überfordert (siehe Text unten), außerdem fehlte auch der Doppelsechs um Robert Andrich und Pascal Groß die Geschwindigkeit, um in die Zweikämpfe zu kommen. Gegen Ungarn konnte man die Tempo-Defizite mit der eigenen Qualität überspielen, ein Top-Gegner wie die Niederlande nutzte die Lücken dagegen gnadenlos aus. Eine große Hoffnung liegt nun auf Antonio Rüdiger, der bei der nächsten Länderspielpause im Oktober wieder dabei sein soll.
„Ich würde schon sagen, dass wir über die zwei Spiele defensiv als gesamte Mannschaft sehr stabil waren“, schwächte Jonathan Tah die Kritik nach Abpfiff gegen die Niederlande ab. Für absolutes Weltklasse-Niveau reichte es aber nicht. Nach dem frühen Gegentor stimmte die Mentalität des Teams allerdings: „Wie wir dann zurückkommen, war gut. Du musst auswärts auch erstmal noch zwei Tore nachlegen. Das gelang uns verdientermaßen“, erklärte Nagelsmann. Hoffnung macht ihm vor allem die Offensive um Florian Wirtz und Jamal Musiala, die auch in Amsterdam mit ihrer Kreativität für Gefahr sorgten. Der FCB-Star verlor allerdings vor dem 2:2-Ausgleich den Ball: „Wir zocken gerne, aber ich hatte einige Ballverluste. Da müssen wir ballsicherer und cleverer sein“, erklärte Musiala selbstkritisch.
Was bleibt nun als Fazit nach dem knapp zweiwöchigen Lehrgang? „Es waren sehr gute zehn Tage als gesamte Gruppe. Es ist eine sehr angenehme Mannschaft, die Lust versprüht“ bilanzierte Nagelsmann. Dem Bundestrainer mache es Spaß, mit seinem jungen Team zusammenzuarbeiten. „Ich bin sehr guter Dinge, dass wir sehr erfolgreich sein werden.“ Ein erfolgreiches Resultat wäre womöglich sogar schon gegen die Niederlande möglich gewesen, bei einer Flanke von Florian Wirtz auf den freistehenden Kai Havertz pfiff Schiedsrichter Davide Massa die Partie aber während des Angriffs ab. „Er hat nicht aufs Spiel an sich geachtet“, ärgerte sich Joshua Kimmich nach Abpfiff. „Er hat die Situation wahrscheinlich etwas unterschätzt, dass es noch hätte gefährlich werden können.“
Und auch der Bundestrainer kritisierte den Schiri scharf, der neben dem abgepfiffenen Konter auch einen möglichen Strafstoß (54.) nicht gab: „Ich finde, dass es ein klarer Elfmeter an Jamal war. Er hat auf beiden Seiten nicht gut gepfiffen.“
VINZENT TSCHIRPKE