ZUM TAGE

Es läuft alles wie geplant – für alle

von Redaktion

Über Hamann und den FC Bayern

Die Aufregung um die Statements von Didi Hamann war groß. Dass der TV-Experte es wagt, Jamal Musiala zu kritisieren, sorgte für in der Öffentlichkeit für Kopfschütteln und Unverständnis. Der FC Bayern antwortete in Form von Sportdirektor Christoph Freund, der Hamanns Äußerungen – Musiala sei egoistisch und gehe zu oft ins Dribbling – als „ein bisschen absurd“ und „weit hergeholt“ bezeichnete. So weit, so erwartbar – und für alle Seiten nützlich. Denn auch, wenn dieser Streit von außen wie ein spontanes Störfeuer wirkt, steckt dahinter ein Kalkül, von dem alle Beteiligten profitieren.

Zunächst einmal Didi Hamann, der in seiner Rolle als Sky-Experte schon länger die Aufgabe hat, gegenläufig zur öffentlichen Meinung steile Thesen zu formulieren. Manchmal setzt er damit in Debatten wichtige Punkte, manchmal betreibt er plumpen Populismus. In beiden Fällen aber kommt er seiner Aufgabe nach: als Experte für Kontroversen sorgen, die so sehr provozieren, dass möglichst viele Menschen Online-Artikel von Sky anklicken, die nächste Sendung schauen oder Social-Media-Posts kommentieren und damit für Umsatz sorgen. Auch Medien sollen über die Statements berichten (was dieser Kommentar – leider – ebenfalls tut), damit Hamanns Kolumne weiter genug Menschen erreicht.

Für den FC Bayern sind die Äußerungen aber ebenfalls eine willkommene Gelegenheit, sich hinter Musiala zu stellen und ihn öffentlichkeitswirksam zu verteidigen. Hamanns Äußerungen dürften dem Superstar egal sein, wie und ob sich sein Verein für ihn einsetzt, aber nicht. Der FCB wird nun also gerne versuchen, für die Vertragsverhandlungen ein paar Pluspunkte zu sammeln.

Der einzig Leidtragende scheint Musiala selbst zu sein. Der Spieler kann nichts für die Medienlogik der heutigen Zeit, trotzdem sei auch ihm versichert: Der Zeitpunkt der aktuellen Hamann-Kolumne ist nicht zufällig gewählt. Gerade weil er in der Länderspielpause überzeugt hat, bot sich die Kritik an. Somit darf er die Äußerungen als Bestätigung seiner starken Leistungen sehen. Und der FC Bayern wird ihm in den Vertragsverhandlungen sicher ein paar finanzielle Vorzüge bieten, die über verbale Verteidigungen hinausgehen.

vinzent.tschirpke@ovb.net

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