Kompanys heile Bayern-Welt

von Redaktion

Mit „Gewinner-Mentalität“ endlich Spitze – bereit für Zagreb

Thomas Müller: Ergänzungsspieler mit bester Laune.

„Er ist sauer“: Eberl über Goretzka. © IMAGO

Mit vollem Einsatz dabei: Trainer Vincent Kompany liebt und lebt seinen Job. © IMAGO (2)

Einer für alle, alle für einen: Die Bayern bestechen derzeit durch gute Einzelleistungen (wie jener von Dreifachtorschützen Kane), aber auch ein funktionierendes Kollektiv. Kimmich agiert als Anführer. © sampics

Kiel – Die Reise zurück war lang, für den Bundesliga-Alltag sehr lang. Aber weil der Tross des FC Bayern sie aus der frischen Kieler Nacht gleich im doppelten Wortsinn von ganz oben antrat, war das kein Problem. Man hatte am Samstagabend ausschließlich fröhliche Gesichter in die beiden dicht an dicht vor dem Holstein-Stadion geparkten Mannschaftsbusse einsteigen sehen, ein 6:1 (4:0) ist auch für den Branchenprimus aus München keine Selbstverständlichkeit mehr. Genau wie es auch keine Selbstverständlichkeit mehr ist, von der Tabellenspitze zu grüßen – wo man laut Sportdirektor Christoph Freund nun „bis zum Schluss“ bleiben möchte.

Tatsächlich ist es ein ganzes (!) Jahr her, dass die Bayern das letzte Mal auf Platz eins standen. Damals war Thomas Tuchel in der Verantwortung, und es ist nach den ersten Eindrücken der laufenden Saison nicht vermessen zu sagen: Das war eine andere Zeit. Das Topspiel in Kiel hat – ungeachtet des Klassenunterschieds, der dem Aufsteiger eine „echte Watschn“ (Lewis Holtby) verpasste – den Eindruck verstärkt, dass der Rekordmeister unter Vincent Kompany Schritt für Schritt zu seinem alten Selbstverständnis zurückfinden. Das erste Mal in diesem Jahr gelangen zwei Auswärtssiege hintereinander, Kapitän Manuel Neuer sagte: „Wir haben die Gewinner-Mentalität zurück.“ Und das ist vor dem Start der Ligaphase in der Champions League am Dienstag (21 Uhr) gegen Dinamo Zagreb eine Nachricht, die die Vereinsobersten gerne hören – und die auch in Fußball-Europa ankommt.

Kiel war in allen Belangen unterlegen, aber der Mann des Abends sprach auch aus, was 15 034 Zuschauer in der liebenswerten Bruchbude im Norden gesehen hatten. „Wie wir gestartet haben, hat unsere Qualität und unsere Mentalität bewiesen“, sagte Dreifachtorschütze Harry Kane, der an der fulminanten Anfangsphase der Kompany-Elf maßgeblich beteiligt war. Ein Blitz-Treffer von Jamal Musiala (1.), Kane (7.) und ein Eigentor (13.) hatten für klare Verhältnisse gesorgt, ehe erneut Kane (43./90.+1) und Michael Olise (65.) trafen. Das Gegentor von Gigovic (82.) war zu verschmerzen, aber es spricht nur für die Denkweise dieser Elf, wenn Manuel Neuer hinterher sagt: „Das hat nicht nur mich geärgert. Wir wollen zu null spielen.“ Noch auf dem Rasen wurde daher darüber gesprochen, was man am Dienstag anders machen kann.

„Es geht immer noch ein bisschen besser, wir arbeiten weiter“, sagte Kompany, der aber zugab: „Die Mentalität stimmt seit der Vorbereitung. Jeder Sieg ist wichtig für das Selbstvertrauen.“ Seinen eigenen Anteil an diesem offensichtlichen Stimmungsaufschwung in Bayern-Reihen wollte der Coach nicht allzu hoch hängen: „Ich mache nichts Besonderes. Um besser zu werden, müssen wir eine Einheit sein.“ Man hörte ihn aber aus diversen anderen Aussagen heraus. Freund sagte: „Er gibt den Jungs ein gutes Gefühl.“ Joao Palhinha fügte an: „Was er über Fußball weiß, ist besonders. Kleine Dinge machen einen großen Unterschied in unserem Spiel.“ Kompany stellt seine Bayern zwar mit Blick auf den Gegner flexibel auf, lässt aber stets ausstrahlen, wer der Boss auf dem Platz ist.

Am Dienstag soll das auch so sein, dann am Samstag in Bremen – und dann: am 28. September im Wiesn-Showdown gegen Bayer Leverkusen. Drei Punkte ist der Tabellenführer dem Meister schon enteilt. Und auch wenn Kompany versicherte, „jetzt noch nicht auf die Tabelle zu schauen“, hat sich jeder klammheimlich im Kopf bereits ausrechnen können, was ein Sieg im Prestige-Duell bedeuten würde. Sechs Punkte Vorsprung im Herbst wären ein Statement. Auch wenn man standortmößig nun wieder ganz unten ist, gilt mit Blick auf die Tabelle Kompanys Credo: „Weiter geht’s!“ Heißt: oben bleiben.

Ganz genau da, wo es den Bayern halt am besten gefällt.
HANNA RAIF

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