Auf Ballhöhe war Joao Palhinha in Kiel häufig. Das Debüt in der Startelf des FC Bayern gelang dem Portugiesen bestens. © IMAGO
Kiel – Kiel – Irgendwann, als Joao Palhinha sprach, wurde es ganz ruhig. Vor der Tür wurden die letzten Metallboxen in den Bus verladen, aber in den Katakomben des Holstein-Stadions war nichts mehr zu hören außer die Worte des Mannes, der einiges zu sagen hatte. Mehr als ein Jahr immerhin hatten der 29-Jährige und auch die Verantwortlichen des FC Bayern auf diesen Tag gewartet, an dem er sein Startelfdebüt für den deutschen Rekordmeister geben würde. Der 14. September 2024 ist es geworden – der Beginn einer neuen Zeitrechnung? Palhinha wollte erst mal den Moment genießen: „Die Beine sind müde, ich happy.“
Das konnte er sein, nach einem soliden Auftritt an der Seite von Joshua Kimmich. Kiel war beim 6:1 der Bayern womöglich nicht der richtige Maßstab, aber Vincent Kompany hatte aus gutem Grund auf den 51-Millionen-Euro-Mann gesetzt. Jetzt, wo die Champions League am Dienstag startet, ist die Phase angebrochen, in der man die „holding six“ braucht, die im Vorjahr unter Thomas Tuchel zwar irgendwann zum Unwort, aber dennoch so schmerzlich vermisst wurde. „Er gibt uns Stabilität“, sagte Sportdirektor Christoph Freund. Das wird vor allem dann nötig sein, wenn die Gegner größer werden. Palhinha ist ein Mann für die Königsklasse.
Es gelang ihm im Holstein-Stadion noch nicht alles, das eine oder andere Mal musste er das Foul wählen, um einen Kieler Versuch nach vorne zu unterbinden; am Ende sah er sogar noch Gelb. Aber es war ein Anfang auf dem Weg, den Palhinha beim FC Bayern geduldig eingeschlagen hat. Ohne Forderungen, ohne Groll, auch nach mehreren Wochen ohne 90 Minuten: „Ich war nicht enttäuscht. Ich bin beim besten Club der Welt – das ist Teil eines Prozesses. Ich kann stolz sein!“ Man sah ihm diesen Stolz an.
Palhinha saugt die Bayern gerade mit jeder Faser auf. Er weiß: „Zwei Trainer wollten mich haben – deshalb mache ich einfach so weiter.“ Kompany ist genauso ein Fan wie einst Tuchel, und er nutzt die Flexibilität, die ihm die verschiedenen Profile seiner Sechser bieten. Pavlovic bekam nach seinem Debüt in der DFB-Elf eine Pause, Palhinha die Minuten, die er braucht, um Sicherheit zu erlangen. Das Zusammenspiel mit Kimmich lief dabei so gut, dass Palhinha hinterher sagte: „Jo ist wie ein Trainer. Er ist ein Freund, den ich hier gefunden habe.“ Schon immer habe er den neuen DFB-Kapitän bewundert: „Es ist eine Ehre, mit ihm zu spielen.“
Es wirkte, als habe sich da in der Schaltzentrale etwas gefunden, was sich gesucht hat. Auch Kimmich sieht man das Selbstvertrauen an, das durch die Rückendeckung aus der Vereinsspitze nur wächst; er stellte Bestwerte auf. „Wir schreiten mit den Planungen voran“, sagte Christoph Freund mit Blick auf eine Vertragsverlängerung. Palhinha ist bis 2028 gebunden und würde den Weg gerne weiter mit Kimmich bestreiten. In allen Wettbewerben übrigens. In Bezug auf das Zagreb-Duell versprach er: „Ich bin bereit für alles, was der Trainer will. Wenn es morgen wäre, würde ich das auch machen.“ Die Worte hallten nach – in der Stille von Kiel.
HANNA RAIF