Aus Zagrebs Talentschmiede: Citys Josko Gvardiol. © IMAGO
Der junge Olic: 2002 im blauen Dinamo-Trikot. © imago
Wollen als Einheit die Bayern ärgern: Dinamo Zagreb hat sich über die Playoffs für die Champions League qualifiziert. Für Olic ist allein das ein „großer Erfolg“. Das Geld hat der Verein dringend nötig. © IMAGO/Goran Mehkek
München – Ivica Olic ist ein echter Fachmann, denn anders ist es nicht zu erklären, dass der ehemalige Stürmer zur Pause des Auswärtsspiels in Kiel prognostizierte: „Das werden heute sechs Bayern-Tore!“ Wer drei Jahre lang in München gespielt hat, weiß, wie solche Spiele laufen wie jenes bei Holstein, das bekanntlich am Samstagabend mit 6:1 endete. Noch besser allerdings kennt er sich aus, wenn der Gegner – wie an diesem Dienstag (21 Uhr) zum Auftakt der Champions League – Dinamo Zagreb heißt. Mit einer weiteren exakten Vorhersage hält sich der 45-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung daher lieber zurück. Olic lacht und sagt diplomatisch: „Ich hoffe, dass es nicht so hoch wird.“
Nicht nur der Mann, der beide Trikots getragen hat und an diesem Dienstag auf der Tribüne in der Allianz Arena mitfiebern wird, kennt die Vorzeichen dieser Auftaktpartie. „Dinamo ist die absolute Nummer eins unserer Liga, der FC Bayern von Kroatien“, sagt Olic. Trotzdem liegen zwischen den beiden Clubs Welten. Die Bayern gehören in der Königsklasse zum Favoritenkreis, Zagreb – mit dem Olic in der Saison 2002/03 Meister wurde – zu den absoluten Außenseitern. „Dabei zu sein, ist ein Erfolg“, sagt der 45-Jährige und blickt dabei vor allem auf die Finanzen. Er weiß: „Es ist schwieriger für Dinamo geworden“, das bis dato als bestes Sprungbrett talentierter kroatischer Spieler galt. In Rijeka und Split rüsten auch andere Vereine auf.
Um die Erfolgsserie – Dinamo wurde seit 2006 in 18 von 19 Fällen Meister – nicht abreißen lassen zu müssen, ist mehr Finanzkraft unbedingt nötig. Internationale Ablösesummen sind für Dinamo utopisch, Fluktuation im Kader Normalität. Man geht aber seinen eigenen Weg. Wie Olic, der 2002 von NK Zagreb „auf die andere Straßenseite“ wechselte, haben schon viele spätere Topspieler bei Dinamo auf sich aufmerksam gemacht. Die Liste ist lang, sie reicht von Davor Suker über Matteo Kovacic und Luka Modric bis hin zu Daniel Olmo. Auch Josko Gvardiol, 2023 für 91,5 Mio. Euro als teuerster Abwehrspieler aus Leipzig zu ManCity gewechselt, spielte neun Jahre lang für Dinamo. Olic hätte ihn lieber in München gesehen als in England. Er verrät: „Er wollte zu Bayern, ich habe mit ihm gesprochen.“ Das Angebot von City aber war zu gut.
Ein Duell mit Gvardiol wird es in der Ligaphase nicht geben, aber Dinamo ist gewillt, andere Große zu ärgern. Unter anderem Tottenham und Bergamo sind im Stadion Maksimir schon unter die Räder gekommen, die „Mischung aus internationaler Erfahrung und jugendlicher Unbekümmertheit“ ist nicht ganz ungefährlich für Dinamos Gegner. Olic, inzwischen Trainer der kroatischen U21, hebt die Mittelfeldakteure Petar Sucic (20) und vor allem Martin Baturina (21) hervor, dem er schon früh eine „große Karriere“ vorhersagte: „Er ist auf der Wunschliste mehrerer Vereine. Und er will die Bühne nutzen.“
Mehr als 70 000 Zuschauer werden vor Ort zusehen, was der Nationalspieler zu bieten hat. Dinamos Plan: „So lange wie möglich die Null halten. Bayern darf kein Blut riechen“, sagt Olic. Gelingt das Zagreb besser als Kiel (und besser als beim 0:1 im Derby gegen Split am Wochenende), dürften es keine sechs Gegentreffer werden. Allerdings sagt der Fachmann: „Alles außer ein Bayern-Sieg wäre ein Wunder.“
HANNA RAIF