Die Halle strahlt heller als das Team

von Redaktion

EHC München bricht mit dem alten Kader in eine neue Ära auf

Neue Spielstätte: der SAP Garden. © Hagena

Stimmt die Chemie? Das erste Jahr von Toni Söderholm als Cheftrainer in München verlief enttäuschend. Doch große personelle Veränderungen blieben aus. © IMAGO

München – Am 27. September fängt für den EHC Red Bull München ein neuer Lebensabschnitt an. Er bezieht dann feierlich den SAP Garden, es gibt ein „Grand Opening“ gegen die Buffalo Sabres, einen Club aus der NHL, einer anderen Welt, in der Eishockey ein ganz großes Ding ist. Als Trainer des EHC müsste man nun vielleicht mahnen, diesem Match nicht zu große Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, doch Toni Söderholm sagt: „Mir passt das gut ins Konzept. Das ist ein besonderes Highlight. Wenige unserer Spieler waren in der NHL. Es ist eine Gelegenheit, sich zu präsentieren.“

Die Saison in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) geht aber schon früher los, nämlich an diesem Wochenende. Und mag die Organisation des EHC auch damit befasst sein, alles auf den 27. September auszurichten – die Mannschaft muss ganz anders denken. Ihr Tag X ist eben schon der 20. September. In Iserlohn, das ist der erste Punktspielauftritt, weiter geht es am Sonntag in Frankfurt – die Bauarbeiten am Team müssen also abgeschlossen sein, während im Garden noch Hand angelegt wird. Es ist auch ein Kontrast zur hypermodernen Münchner Spielstätte, dass der EHC sich erst einmal am Iserlohner Seilersee und in der Frankfurter Eissporthalle bewähren muss, zwei alten Gemäuern der Liga, reinen Eisstadien, weit entfernt von jedwedem Multifunktions- und Multivisionszauber.

In Fankreisen war der Sommer der Erwartung von Ernüchterung geprägt. Nach der schwachen Vorsaison – in der DEL-Hauptrunde Platz fünf, im Halbfinale gegen Bremerhaven ein Aus „ohne jede Chance“ (Stürmer Yasin Ehliz) – hatte man Eingriffe im Kader erwartet, die Verabschiedung einer zwar verdienten, aber in die Jahre gekommenen Generation, dafür Auffrischung des Personalbestands mit frischen Kräften. Doch die großen Transfers tätigten andere Clubs, allen voran Mannheim, das drei aktuelle deutsche Nationalspieler (Marc Michaelis, Lukas Kälble, Tobias Fohrler) holte. Der EHC konnte sich lediglich damit schmücken, das Rennen um Tobias Rieder gewonnen zu haben. Der Landshuter hat Karriere außerhalb der DEL gemacht, er spielte in der NHL, zuletzt in Schweden, nun haben 14 Jahre Wanderschaft ein Ende. Ein wertvoller Spieler, aber auch schon in den Dreißigern angelangt. Wie viele in München.

Es ist immer noch mehr ein Don-Jackson- als ein Toni-Söderholm-Kader. Der Amerikaner Jackson war mit vier Meisterschaften in neun Münchner Jahren eine unumstrittene Autorität, und der Finne Söderholm, 2015/16 noch Spieler unter Jackson, wurde 2023 als die große Nachfolgelösung präsentiert. Er war zwischendurch ein angesehener deutscher Bundestrainer, er hat eine enge Bindung an München und den EHC, doch seine erste Saison blieb in vielem rätselhaft. Trotz der Treuebekundungen aus der Geschäftsführung geht Söderholm angeschlagen in seine zweite Saison. Den ersten Co-Trainer durfte er diese Saison nicht selbst aussuchen. Zur Seite steht ihm nun Max Kaltenhauser, ein aufstrebender Trainer aus der DEL2, dort Meister geworden. Einer, der übernehmen könnte, falls es erforderlich wäre.

Neuer Co-Trainer, ein paar kleine Änderungen im weiteren Staff – es sind minimalinvasive Eingriffe. Was zur Frage führt, ob die Zeiten, als München sich dank seines Red-Bull-Neureichen-Status den teuersten und besten Kader der DEL leisten konnte, vorbei sind. Christian Winkler sagt, finanzielle Maßlosigkeit habe nie geherrscht, „wir hatten immer ein Budget, das wir einhalten mussten“. Er versichert: „Und wir haben auch jetzt ein Top-Budget, um uns ein Top-Team leisten zu können.“ Was er allerdings einräumen muss: „Die Gehälter in der DEL haben angezogen.“ Soll wohl heißen: Man bekommt heutzutage weniger für sein Geld.

In der Saison 2024/25 ist das Team allerdings gar nicht der wichtigste Faktor in München. Sondern: die Halle, der SAP Garden. Bisher hat Red Bull ins Eishockey massiv investiert, nun will der österreichische Konzern auch was zurückbekommen, die Halle soll sich rentieren. Die Ticketpreise sind saftig, die höchsten in der DEL. Die Dauerkarten, die jetzt noch angeboten werden (gültig ab dem zweiten DEL-Heimspiel, das erste ist ausverkauft) kosten zwischen 739 und 1249 Euro. Tickets für einzelne Spiele unterliegen dem Prinzip des „Dynamic Pricing“, sie verändern sich je nach Gegner und Nachfrage. Das Derby gegen Augsburg ist am teuersten, da kostet ein VIP-Tageszugang 320 Euro, der Sitzplatz der Kategorie Premium 81 Euro. Eishockey wird zum Luxusgut. Der EHC Red Bull will nun die Möglichkeiten ausreizen, von denen man glaubt, dass der Standort sie bietet.

Eishockey in München wird anders werden – für die, die willens und in der Lage sind, es zu konsumieren. Für die Spieler ergeben sich durch den Umzug aus der fast 60 Jahre alt gewordenen Olympia-Eishalle einige Annehmlichkeiten. „Der Kony Abeltshauser muss nicht mehr den Kopf einziehen, wenn er durch die Tür zum Fitnessraum geht“, sagt Kapitän Patrick Hager in Anspielung auf den fast zwei Meter langen Teamkollegen. Überhaupt können nun alle gleichzeitig an die Geräte, weil es Platz und genug von allem gibt – zuvor hatte man in Schichten trainieren müssen.

Was nicht passieren wird, ist, dass der SAP Garden die Mannschaft bei ihren Spielen zum Staunen bringen wird. „In großen Hallen“, sagt Patrick Hager, „haben wir alle schon gespielt“. Mit 10796 Plätzen liegt der Münchner Neubau bei der Kapazität hinter den Arenen in Köln (18500), Berlin (14200), Mannheim (13600) und Düsseldorf (13102) auch nur auf Platz fünf der Liga.


GÜNTER KLEIN

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