Rückt er von seinem Trainer ab? Sportchef Christian Werner mit Argirios Giannikis. © Samp.
München – Im Januar war er einer der letzten beiden Kandidaten beim Trainer-Casting des TSV 1860 – neun Monate später ist er seinen Job los. Die Rede ist von Marco Antwerpen (52), der beim Assessement-Center der Löwen einem Kollegen aus dem Fußballlehrer-Lehrgang 2016 den Vortritt lassen musste. Bekanntlich machte damals der Außenseiter Argirios Giannikis (44) das Rennen – und dem droht nun ein ähnliches Schicksal wie Antwerpen, der nach seiner 1860-Absage beim Rivalen Waldhof Mannheim anheuerte und gestern Mittag entlassen wurde.
Duplizität der Ereignisse: Wie Giannikis die Löwen, so führte Antwerpen den SV Waldhof zum Klassenerhalt. Nun zieren beide Clubs das Tabellenende der 3. Liga. Antwerpen wurde sein siegloser Zwei-Punkte-Start zum Verhängnis. Und wie geht es mit Giannikis (drei Punkte) weiter? Der bekommt noch mal eine Schonfrist. Nach der Entwicklung vom Montagabend (wir berichteten exklusiv) schien nicht gänzlich ausgeschlossen, dass Giannikis vielleicht schon vor dem Bielefeld-Spiel am Samstag (16.30 Uhr) entlassen wird. Der Unmut ist groß, nicht nur bei den Fans, auch bei Sponsoren, in den Gremien, bei den Führungskräften des Vereins. Und trotzdem: Als am Dienstag um 15 Uhr das Training startete, das erste richtige seit der 2:3-Heimpleite gegen Dresden – da stand auch Giannikis wieder auf dem Platz. Als Vorletzter, hinter Torwart René Vollath, kam er aus der Kabine, ignorierte die wüsten Beschimpfungen eines älteren Anhängers, wenn er sie überhaupt gehört hat. Danach begann die Vorbereitung auf Bielefeld: Spielformen, Ballbesitzübungen – alles wie immer, nur begleitet von hitzigen Diskussionen unter den 30 Trainingsbesuchern.
Antwerpen in Mannheim entlassen
Gibt es keine überraschende Kehrtwende mehr, werden die Löwen am Freitag mit Giannikis nach Bielefeld reisen. Dafür spricht auch, dass in der Ankündigung der Pressekonferenz sein Name genannt wird. Am Donnerstag ab 13 Uhr wird der angezählte Trainer Auskunft darüber geben, wie er beim aktuell formstärksten Team der 3. Liga den Turnaround schaffen will. Tenor bei den Fans in den Foren: „Des wird nix mehr mit dem Griechen!“ Es gibt aber auch konkrete Gründe, die Zweifel wecken, ob Giannikis nicht vielleicht doch überfordert ist mit der Aufgabe, das angeschlagene 1860-Schiff wieder flott zu kriegen. Grusel-Bilanz in der Liga (nur drei Siege aus den letzten 16 Spielen), System-Schlingerkurs, in drei von fünf Spielen gab es Dreifach-Wechsel, um die nicht aufgegangenen Matchpläne zu korrigieren. Auf der anderen Seite durfte „Fehlerteufel“ Leroy Kwadwo (Note 6) am Samstag bis zum Schluss auf dem Feld bleiben. Patrick Hobsch, als Sturm-Königstransfer aus Unterhaching geholt, saß dafür zum vierten Mal bei Anpfiff auf der Bank. Auch Youngster Tim Kloss, der als Sechser aufgebaut werden sollte, wurde vorschnell fallengelassen. Die Mängelliste ist lang – trotzdem scheint Giannikis eine Idee zu haben, mit der er Sportchef Christian Werner überzeugen konnte, weiterhin der Richtige für 1860 zu sein.
Auch Werner ließ sich am Dienstagnachmittag am Einser-Platz blicken. Auf einer Bank sitzend, mit verschränkten Armen, verfolgte er die zweite Hälfte des Trainings. Glücklich sah er nicht aus, aber wie sollte es anders sein? Noch im Sommer war er restlos von Giannikis überzeugt – nun scheint auch er schwer ins Grübeln geraten zu sein.
U. KELLNER, M. BLANCO UCLES