Es ist ja nicht so, als sei die Sache nicht zu erwarten gewesen. Wenn man als Gegner von Real Madrid hochkarätige Chancen nicht nutzt, folgt der Abend so gut wie immer demselben Muster. Ob es im Vorjahr der FC Bayern, Borussia Dortmund oder RB Leipzig waren oder eben am Dienstag der VfB Stuttgart: Sie alle haben in der jüngsten Vergangenheit spüren müssen, wie es sich anfühlt, wenn Selbstvertrauen, Coolness und Abgezocktheit ein Team durch Europa tragen. Die (für viele bittere) Erkenntnis, die sich nun schon zum Start in die neue, längere Champions-League-Saison einstellt: Real ist Real geblieben. Das heißt: Für alle anderen wird es schwer.
Man hat diese Partie des Titelverteidigers gegen den Königsklassen-Rückkehrer Stuttgart ja aus diversen Gründen am Dienstag genau verfolgen wollen. Denn neben der deutschen Perspektive – begleitet von der Frage, ob der Hoeneß‘sche Power-Fußball auch in Europa konkurrenzfähig ist – weckt das „neue“ Real freilich das Interesse der Fans. Ohne Toni Kroos fehlt ein Lenker und Denker im Mittelfeld, dafür tummeln sich offensiv nach dem Kauf von Kylian Mbappé die Stars. Aber dass der nationale Start dem Team von Carlo Ancelotti nicht gerade gelungen ist, hatte auf die große Bühne keine Auswirkung. „So kennen wir sie. Am Ende haben sie die drei Punkte und wir fahren ohne etwas zurück“, sagte VfB-Abwehrspieler Jeff Chabot. Damit war eigentlich alles gesagt. Same procedure as every year.
Das 3:1 war zwar keine Machtdemonstration, aber ein Statement. Und es ist auch in München angekommen, wo man nach dem 9:2-Rausch den Fokus schon wieder auf die nächsten Aufgaben legt. Der Kantersieg zum Auftakt hatte in vielerlei Hinsicht historischen Charakter, als „erster Tabellenführer der neuen Champions League“, sagte CEO Jan-Christian Dreesen mit Weitblick schon am Dienstag, könne man natürlich stolz sein. Die Momentaufnahme aber war für das große Ganze weniger wichtig als die vielen positiven Randaspekte. Lange hat man in München keinen Trainer mehr erlebt, den eine ähnliche Aura umgeben hat wie Vincent Kompany. Der nächste Beweis, dass das Team ihm folgt, ist nun erbracht. Es hätte zum Start der Mission „Finale dahoam“ schlechtere Nachrichten geben können.
Der Weg bleibt trotzdem lang – auch für den Konsumenten. Denn Achtung! Auch Donnerstag ist ab sofort Champions-League-Tag. Wie gesagt: alles neu. Nur Real halt nicht.