Kraulen lernte sie erst mit 24 Jahren

von Redaktion

Ernährung, Training, Ehemann: Die Geschichte hinter Ironman-Weltmeisterin Laura Philipp

Ironman-Weltmeisterin: Laura Philipp. © Zborowski/dpa

Tolles Gespann: Laura und Philipp Seipp – ihr Ehemann, Trainer, Manager und Mentor. © Instagram

Nizza – Ganz oben zu stehen, ist für Laura Philipp kein ganz neues Gefühl. Aber der Triumph bei der erstmals für die Frauen in Nizza ausgetragenen Ironman-Weltmeisterschaft überstrahlt nun alles. „Ich bin als Quereinsteigerin in diesen Sport gekommen: Das ist die schönste Belohnung für die ganze Arbeit“, sagte die 37-Jährige. Bis 2011 hatte die Heidelbergerin nämlich mit dem Triathlon gar nichts zu tun, Klettern ihre größere Leidenschaft. Kraulschwimmen lernte sie erst mit 24. „Ich bin sicher motorisch nicht die Talentierteste, sondern eher ein Beweis dafür, dass man durch Fleiß und vor allem durch Freude an Bewegung sehr viel erreichen kann“, so Philipp.

Dass die Organisation Ironman aus Profitgründen abwechselnd bei Männern und Frauen die Weltmeisterschaft in Frankreich und auf Hawaii austrägt, half jetzt, weil Philipp der anspruchsvolle Radkurs mit 2400 Höhenmetern entgegenkam. „Die Strecke in Nizza ist viel mehr auf mein Stärkenprofil zugeschnitten als die auf Hawaii, wo es nur darum geht, gleichmäßig mit viel Power in die Pedale zu treten.“ Und noch etwas fällt an der neuen Weltmeisterin auf: die fast versessene Tüftelei. Über vegetarische Ernährung oder zyklusbasiertes Training kann sie mittlerweile selbst Vorträge halten. Sie ist der festen Überzeugung, dass der Leistungssport keinen Fleischkonsum erfordert. Es gehört aber zur Wahrheit, dass die Hundeliebhaberin täglich ein Stück Kuchen genießt.

Auch teilte sie ihre Erfahrungen, die Periode in ihrem Trainingsplan zu berücksichtigen. „Ich habe über die Jahre festgestellt, dass es immer wiederkehrend Tage gibt, an denen es mir extrem schwerfiel, bestimmte Leistungsbereiche zu erreichen oder ich einfach sehr kämpfen musste für eine gewisse Pace, die mir eine Woche vorher extrem leicht fiel.“ Sie nutzt die Hormonschwankungen während des Zyklus, um weitere Prozentpunkte herauszukitzeln.

Das wichtigste Puzzlestück auf dem Weg zur Weltmeisterin ist fraglos ihr Trainer und Ehemann Philipp Seipp. „Laura hat alles zusammengebracht“, sagte der 39-Jährige am Sonntag, während sie herausstellte: „Philipp hat mich sehr gut eingestellt. Ich bin eigentlich viel zu schnell gelaufen, aber das musste auch so sein, denn ein WM-Titel muss auch wehtun.“ Seipp glaubt fest an einen langfristigen Leistungsaufbau.

Nach dem Studium der Germanistik und Sportwissenschaften arbeitete er als Gymnasiallehrer, erkannte aber rasch grundsätzliche Mängel im deutschen Sport- und Schulsystem. Dem Triathlon-Magazin sagte er einmal: „Im Sport-Abitur sind einige Unterrichtsinhalte so überaltert, dass sie heutzutage auf jeden Fall falsch sind.“ Er habe seine Schüler zwar auf den neuesten Stand der Wissenschaft gebracht, aber dann doch wieder dem System entsprechend die alten Inhalte abfragen müssen.“ Als er dann noch feststellte, „dass Lehrer mit Familie und Wohneigentum“ bei Belegung des Stundenplans Vorrang haben, zog er Konsequenzen und gab seine Verbeamtung auf Lebenszeit 2018 auf, um Laura Philipp im Triathlon nach ganz oben zu bringen. Sechs Jahre später ist es geschafft.
FRANK HELLMANN

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