Eine Branche schaut auf sie: DAZN und Mascia sind wieder im Rennen um die TV-Rechte ab 2025. © IMAGO/Christopher Neundorf
Ungemütliche Zeiten für die DFL-Chefs Lenz und Merkel. Sie müssen die Rechte neu ausschreiben. © IMAGO/Maik Hölter
Den Fußball-Markt im Blick: Alice Mascia ist seit 2022 bei DAZN – und weiß genau, was sie für das Unternehmen will. © DAZN
München – Auch am vergangenen Dienstag ist Alice Mascia um 6 Uhr aufgestanden, es war ja ein normaler Wochentag. Die Morgenroutine der Italienerin ist jeden Morgen dieselbe, Ausnahmen gibt es nicht. Wenn der Wecker klingelt, ist Zeit für ein veganes Frühstück und ein einstündiges Workout, dazu ein Facetime-Telefonat mit ihrem Ehemann, der in Malaysia lebt. Ist all das erledigt, startet der Arbeits-Alltag. Und am Dienstag sollte es eben doch ein besonderer werden.
Um 15.53 Uhr wurde die Nachricht, auf die Mascia seit Ende April gewartet hat, per Eil-Meldung verbreitet. „Schiedsspruch: DFL muss umstrittene Teil-Auktion neu durchführen“, stand da in Versalien geschrieben – und Mascia mit DAZN als Gewinnerin aus dem Rechtepoker dargestellt, der den deutschen Fußball seit fünf Monaten beschäftigt. Auch im Unternehmenssitz in München atmete man freilich durch, weil die DFL aufgrund des veröffentlichten Schiedsspruchs zurückruderte und DAZN wieder im Rennen um die TV-Rechte ab der Saison 2025/26 ist. Mascia war nicht vor Ort, aber auch sie genoss den Moment. Verbunden mit dem Grundsatz, der sie zur geschätzten Chefin der größten globalen Sportstreaming-Plattform werden ließ: Jetzt muss weiter gearbeitet werden.
Mascia, gebürtige Italienerin, steht dem Konzern in der DACH-Region seit 2022 vor; ihre Karriere, die in der Telekommunikationsbranche begann und über Sky Deutschland und Italien zu DAZN führte, geht stets steil nach oben. Seit 2023 zeichnet sie in einer Doppel-Rolle als „Global CMO“ des Unternehmens, im Vorjahr übernahm sie auch die Märkte in Belgien und Frankreich. Vielleicht beschreibt es die Denkweise der Powerfrau am besten, wenn man ihr Wirken aus den letzten Monaten heranzieht. Zwar sagte sie in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin „Capital“ ein paar Tage vor dem Schiedsspruch ganz offen: „Deutschland ist seit jeher ein sehr wichtiger Markt für DAZN. Aber auch ein totaler Rückzug aus der Bundesliga wäre eine Option.“ Trotzdem investierte sie in der Phase der Ungewissheit weiter. Die wichtigsten Inlandsrechte an der französischen Ligue 1 erwarb DAZN am 31. Juli, 16 Tage später übertrug man den ersten Spieltag. So schnell kann es gehen, wenn Mascia am Ruder ist. Ähnlich war es beim Launch des Frauensport-Senders DAZN Rise.
Wer die DAZN-Chefin einmal erlebt hat, weiß um ihre Energie. Und hört man sich im Unternehmen um, gibt es Anekdote um Anekdote. Auch in der vom Klischee „alte weiße Männer“ dominierten Fußball-Branche hat sie sich den Respekt erarbeitet; sie ist dabei selbstbewusst und fordernd, aber gleichzeitig zuverlässig und gerecht. Projekte, die schon funktionieren, haben Mascia noch nie gereizt, sie sucht auch beruflich schon immer Herausforderungen. Tough tritt sie auch den DFL-Chefs Marc Lenz und Steffen Merkel und Fußball-Granden wie Hans-Joachim Watzke entgegen.
Die DFL, die Fans, die Clubs: Alle schauen jetzt auf DAZN und Mascia
Die Zahlen sprechen für sie: „Zwischen 2021 und 2023 haben wir den Umsatz um fast 200 Prozent gesteigert – 199 Prozent, um genau zu sein.“ Unter dem Strich steht im zweiten Halbjahr 2024 das erste profitable Halbjahr, ab 2025 soll es auf Jahresbasis gelingen. Mascia: „Wir beweisen, dass sich mit Livesport Profitabilität erzielen lässt – entgegen allen negativen Prophezeiungen.“ Die Bundesliga ist da ein wichtiges Zugpferd, das wissen DAZN und DFL. Natürlich aber gehören seit dem Start von DAZN im Jahr 2016 auch große Preiserhöhung dazu. 9,99 Euro waren es am Anfang, bis zu 44,99 Euro sind es heute bei monatlicher Kündigung: „Dafür wird auch mehr geliefert.“
Rechte sind teuer, das weiß Mascia. Wie viel sie sich die 196 Partien des nun neu auszuschreibenden Paket B kosten lassen will, ist die nächste Herausforderung. 400 Millionen Euro pro Saison waren es in der ersten Ausschreibung, das weiß Konkurrent Sky nun auch. Darauf, wie die Powerfrau antworten wird, schaut die ganze Branche. Die nicht gerade glücklich da stehende DFL, die Fans, die Vereine: Aber Mascia macht das nicht nervös. Sie zieht weiter ihr Ding durch. Jeden Tag, ab morgens um 6.
HANNA RAIF