Taktik-Prüfung für Kompany

von Redaktion

Klare Sache auch gegen Bayer? Ex-Leverkusener Meijer: „Das Spiel ist Sexy-Fußball-Garantie“

Der eine jubelt: Die Bayern sind unter Vincent Kompany im Rausch. © IMAGO

…der andere nicht: Alsonso sucht mit Leverkusen noch den Flow der Vorsaison. © IMAGO

München – Der Countdown läuft, an den beiden Standorten München und Leverkusen, aber auch in den Köpfen von Millionen Fußballfans in Deutschland. Keine 48 Stunden mehr, dann wird in der Allianz Arena das Spiel angepfiffen, das so viel mehr ist als ein bloßes Topspiel zwischen dem Bundesliga-Tabellenführer und dem ersten Verfolger. Am Samstag (18.30 Uhr) trifft der Meister auf den vom Thron gestoßenen Branchenführer, aber eben auch: der FC Bayern in Topform auf ein Bayer Leverkusen, das noch nicht im Rausch der vergangenen Double-Saison ist. Eine eindeutige Angelegenheit also? „Nein, nein“, sagt Erik Meijer. Der ehemalige Leverkusener ist sich sicher: „Das Spiel ist Sexy-Fußball-Garantie. Wenn du 100 Euro ausgeben musst, um dabei zu sein, ist das sehr gut investiertes Geld.“

Die Worte Prestige und Revanche schwingen in der Vorberichterstattung natürlich mit, Taktikfuchs Meijer aber freut sich vor allem auf fußballerischen Hochgenuss. Auch der Sky-Experte hat freilich registriert, dass die Bayern unter Vincent Kompany bisher durch drei Wettbewerbe fliegen und zuletzt sogar 20 Tore binnen einer Woche geschossen haben. Trotzdem sagt der 55-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung: „Das wird die Reifeprüfung für Kompanys Taktik, der erste seriöse Gegner.“ Stehen nicht Kiel, Zagreb oder Bremen gegenüber, sondern eben der amtierende Double-Sieger und somit „ein Gegner auf Augenhöhe“, wird sich zeigen, „ob man es mit der Euphorie im Moment nicht übertreibt“.

Die gute Stimmung ist das eine, das stetig steigende Selbstvertrauen das andere. Daher ist Meijer sich sicher, „dass Bayern sein Spiel nicht anpassen wird“. Bisher geht das unter Kompany praktizierte extrem hohe Pressing bestens auf: „Und der Trainer ist keiner, der sagt, jetzt machen wir mal etwas anderes. Kompany steht für eine Philosophie.“ Meijer erinnert da gerne an die Zeiten unter Pep Guardiola, als das Risiko ebenso bestand, das der große Abstand zum eigenen Tor mit sich bringt. „Die Gefahr für Bayern ist das Überspielen der Pressingkette.“ Oder ganz konkret: Aufpassen auf Victor Boniface!

Mehr als drei Monate fehlte der Stürmer im Frühjahr, aber davor habe man gesehen, wie Bayer die Bayern auch am Samstag knacken könnte. „Du musst nicht jeden Ball von hinten rausspielen, weil du die Möglichkeit hast, vorne jemanden anzuspielen, der schon fast in einer 1:1-Situation steht. Die Jungs aus dem Mittelfeld können dann nachrücken.“ Für Minjae Kim und Dayot Upamencano würde dann höchste Alarmstufe herrschen: „Man wird sehen, wer dann schneller ist: Die Manndecker oder die Offensivspieler.“

Bremen hatte zuletzt keinen einzigen Torschuss, Leverkusen aber „eine andere Qualität“. Und trotzdem warnt Meijer eindringlich davor, in die Pressing-Falle der Bayern zu laufen. „Leverkusen darf sich keinen Leichtsinnsfehler im Aufbau leisten“, sagt Meijer: „Weil dann heißt es klingelingeling, 1:0 für Bayern, das Stadion kocht.“ Sind die zentralen Verteidiger einmal rausgerückt, habe man als Bayern-Gegner keine Chance: „Dann ist es in 99 von 100 Fällen ein Tor.“ Der Ex-Profi ist sich sicher: „Da wird in der Analyse von Xabi Alonso ein großes Ausrufezeichen drin sein.“

Gelingt das Vorhaben nicht, wird Leverkusen – das bei neun Gegentreffern steht – am Samstag weitere Tore kassieren. Schon jetzt „ärgert sich Alonso wahnsinnig“, weiß Meijer. Daher geht es im Topspiel um Disziplin, vor allem aber die richtige Einstellung. Seit der Pleite gegen RB wisse man: „Auch wir müssen 100 Prozent geben, 99 reichen nicht.“ Man müsse sich quälen, „bis du Schmerzen im kleinen Zeh hast“.

Meijer glaubt allerdings, dass Leverkusen teilweise von der eigenen Taktik abrückt „und Bayern auch mal kommen lässt. Erst mal abwarten, vorne blocken“ – das könnte ein gutes Rezept sein. Ein so gutes, dass es beim Experten schon jetzt richtig kribbelt. Ob er keine Angst vor einer schnellen Entscheidung durch die Super-Bayern hat? „Nein!“ Und sollte es doch so kommen, „wäre das ein riesengroßes Top-Kompliment für die Bayern.“ Er meint die Spieler – aber auch: Kompany.


HANNA RAIF, PHILIPP KESSLER

Artikel 1 von 11