ZUM TAGE

22 Gewinner – und noch ein paar Millionen mehr

von Redaktion

Wenn der Abpfiff eines Fußballspiels ertönt, gleicht die Szenerie auf dem Rasen einem Wimmelbild. Es werden Hände geschüttelt, Gespräche geführt und Trikots ausgezogen, es bilden sich Grüppchen, während manch einer für sich bleibt. Und wer am Samstagabend gegen 20.22 Uhr seinen Blick durch die Allianz Arena schwenken ließ, konnte auch einen kleinen Moment der Enttäuschung erkennen. Noch bevor er sich die Stutzen nach unten zog, schüttelte Alphonso Davies den Kopf; einmal, zweimal, dreimal – dann war es wieder gut. Auch der Kanadier hatte augenscheinlich bemerkt, dass der Topspiel-Abend, auf den sich Fußball-Deutschland wochenlang gefreut hatte, einer war, an dem jeder zufrieden sein konnte. Denn: Jeder hatte sein Gesicht gewahrt.

Man konnte sich im Vorfeld diverse Szenerien ausmalen. In sogenannten Prestige-Spielen geht es ja nicht nur um Beine, sondern vor allem um Köpfe. Ein schnelles 3:0 der Gastgeber – wie so oft im „Clasico“ gegen Dortmund – war also genauso möglich wie der eingetretene Fall: erster Topspiel-Rückstand unter Kompany. Die Entwicklung der Partie allerdings hat den Eindruck der vergangenen Wochen nur bekräftigt: Der FC Bayern ist unter einem Trainer, der Leidenschaft und Mut vorlebt, auf dem besten Weg, das eigene Selbstverständnis zurückzugewinnen. Und der große Leverkusener Erfolg ist es, trotz der spielerischen Unterlegenheit dem etwas entgegengesetzt zu haben.

Der Blick auf die Tabelle untermauert die Hoffnung, mit der Millionen Fans in die 62. Bundesliga-Spielzeit gestartet waren. Stand Spieltag fünf deutet sich eben jene Spannung im Titelkampf an, die man seit mehr als einem Jahrzehnt vermisst hat. Auch die vergangene Spielzeit war von einer dominanten Mannschaft geprägt, der Reiz des Neuen hat diesen Fakt lediglich überlagert. Wozu das Leverkusener Super-Jahr aber geführt hat, konnte man am Samstag erahnen: Die Liga darf sich glücklich schätzen, zusätzlich zum angestachelten Branchenprimus Teams zu haben, die sich mindestens wehren. Selbst wenn Leverkusen kein Glanzstück geliefert hat: Bayern darf nicht nachlassen. Dieser Fakt macht alle Beteiligten zu Gewinnern. Auch Alphonso Davies.

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