Mit ihm war es nie langweilig: Laut eigener Aussage war der Serbe „bestes Torwart von Welt“. © IMAGO
Mai 2023: Bisher letzter offizieller München-Auftritt © IMAGO
Heute kaum vorstellbar: „Radi“ mit einem Löwen-Baby.
Legenden unter sich: Radenkovic (l.) und Sepp Maier im Spaßkampf vor dem Derby. © IMAGO
Petar Radenkovic wusste sich zu verkaufen – schon während der Karriere versuchte er sich als Sänger, danach in der Textilbranche. © IMAGO
München – Torwart-Pionier, Spaßvogel, Entertainer, König der Löwen – auf Petar Radenkovic treffen viele Bezeichnungen zu. Zweifelsohne aber ist der Serbe einer der größten Fußballer in der langen Geschichte des TSV 1860 München. Am Dienstag feierte der legendäre „Radi“ seinen 90. Geburtstag.
Radenkovic ist einer von noch fünf lebenden Löwen, die in der Meistersaison 1965/1966 im Kader des TSV 1860 standen – neben Fredi Heiß, Bernd Patzke, Hansi Reich und Ludwig Bründl. Während es heutzutage völlig normal ist, dass in Profifußballmannschaften ein bunter Mix aus deutschen und ausländischen Spielern vertreten ist, war Radenkovic zum Start der neuen Bundesliga nur einer von vier nicht-deutschen Akteuren im Fußball-Oberhaus. Über den Umweg Worms kam der Torhüter 1962 aus Belgrad zu den Löwen und entwickelte sich schnell zum Publikumsliebling in München-Giesing.
Das lag neben seiner unbestrittenen Klasse im Tor besonders an seiner außergewöhnlichen Art und Weise, das Torwartspiel zu interpretieren. Denn einfach nur seinen Kasten zu beschützen – das war dem „Radi“ einfach zu langweilig. Und so unternahm er – zur Belustigung der Zuschauer und unter sorgenvollem Blick des Trainers – gerne einmal Ausflüge mit dem Ball bis weit in die gegnerische Hälfte, die meistens – aber längst nicht immer – glimpflich ausgingen. 1963, als der FC Bayern noch in der zweitklassigen Regionalliga Süd zu Hause war, gehörte Radenkovic, laut eigener Aussage „bestes Torwart von Welt“, zu den schillerndsten Figuren der neu gegründeten Bundesliga.
1965, mit den Löwen war Radenkovic im Jahr zuvor deutscher Pokalsieger geworden, ging es für das Torhüter-Genie auch in den Musik-Charts nach oben. Mit seiner Single „Bin i Radi, bin i König“ verkaufte der sympathische Serbe über 400 000 Schallplatten. Im Lied beschreibt Radenkovic auch seine ganz eigene Art, das Torwartdasein auszuleben: „Manchmal schimpft sogar eigne Spielerschar, wenn ich hab‘ zu viel riskiert und nur komisch war. Das macht mir nicht viel. Spiel ist für mich Spiel. Doch wenn es drauf ankommt, weiß ich, was ich will“, heißt es im Text. Kurios wurde es im Jahr 1967: Radenkovic beschuldigte Schiedsrichter Walter Horstmann, ob dessen Leistung unter Alkoholeinfluss zu stehen. Der Torwart forderte eine Blutprobe, was der Referee auch befolgte. Ergebnis: 0,0. Radenkovic wurde für drei Spiele gesperrt.
Der Pokalsieg 1964 sollte nicht das Highlight in der Löwen-Ära des Torhüters bleiben. Nach der bitteren Europapokal-Finalpleite 1965 gegen West Ham (0:2) sollte ein Jahr später der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte der Sechzger folgen – Deutscher Meister 1966, mit einem überragendem Radenkovic zwischen den Pfosten. Vier Jahre später beendete der „Radi“ nach 215 Bundesliga-Partien für den TSV 1860 seine ruhmreiche Karriere. 1977 kam es im Olympiastadion zum Abschiedsspiel für Radenkovic. Die Zuschauer trauten ihren Augen nicht: Die in die Jahre gekommene Meistermannschaft besiegte das soeben in die Bundesliga aufgestiegene Löwenteam klar mit 4:1. „Für einen 42-Jährigen mit einem Bäuchlein war das nicht schlecht, oder?“, feixte „Radi“ hinterher.
Nach seiner aktiven Karriere war die Löwen-Legende als Hotelier und Gastronom in München tätig. Nach dem Tod seiner jahrzehntelangen Ehefrau Olga zog Radenkovic 2009 wieder in seine serbische Heimat nach Belgrad. Immer mal wieder fliegt der „Radi“ nach München, auch wenn zu 1860 heutzutage kaum noch Kontakt besteht.
MARCO BLANCO UCLES