Trost? Eigentlich war Csernai sauer auf „Auge“. © imago
Legenden-Treffen: Mit Torschützen Peter Withe tauschte er 34 Jahre später das Trikot zurück. © imago
„Ich bin marschiert“, sagt Augenthaler über das Finale 1982 gegen Aston Villa. Trotzdem verloren die Bayern. © imago
München – Der 26. Mai 1982 ist Klaus Augenthaler noch bestens im Gedächtnis. Denn obwohl der heute 67-Jährige mit dem FC Bayern das Finale im Europapokal der Landesmeister in Rotterdam gegen Aston Villa verlor, zählt die Partie zu den besten seiner Karriere. Das 1:0 durch Peter Withe war schmerzhaft, heute aber, 42 Jahre später, blickt Augenthaler gerne zurück. Im Interview lässt er das bisher einzige Spiel gegen Aston Villa Revue passieren – vom Anpfiff bis zum Frustsaufen.
Herr Augenthaler, Aston Villa – da war doch was?
Oh ja, 42 Jahre her. Ein Spiel, das wir eigentlich hätten gewinnen müssen, allein von den Torchancen und vom Spielverlauf her. Aston Villa war 1982 nicht umsonst im Finale, und so eine Mannschaft aus England hat halt in 90 Minuten zwei, drei Chancen. Aber wir haben einfach für einen Moment nicht aufgepasst – oder besser gesagt: ich.
Nehmen Sie das Gegentor, das zum 1:0-Endstand führte, auf ihre Kappe?
Es war in dem Moment auf Raumdeckung umgestellt, aber ich habe vom Trainer hinterher die Abfuhr gekriegt. Pal Csernai hat mich richtig niedergemacht. Er war so sauer, er ist am nächsten Tag sogar dem Empfang im Rathaus ferngeblieben.
Trotzdem sprechen Sie bei den besten Spielen Ihrer Karriere auch immer von diesem Finale.
Das sage nicht nur ich, das sagen vor allem viele Leute, die dieses Spiel gesehen haben. Ich bin marschiert! Und ich hatte eine Chance, an die ich mich noch gut erinnern kann. Der Torhüter war schon geschlagen, da klärt der Abwehrspieler auf der Linie. Nachher noch eine, vor der ich zwei ausgespielt habe. Ich hätte der Hero werden können – und dann war ich der… das Wort spreche ich jetzt lieber nicht aus (lacht).
War das einer dieser Tage, an dem Sie sich schon vorher gut gefühlt haben?
Gut gefühlt habe ich mich. Aber manchmal gibt einem auch ein Spiel noch mal einen richtigen Push. Ich kann mich noch an ein Spiel erinnern gegen Kaiserslautern zu Hause, da lagen wir 1:0 zurück und haben noch 5:1 gewonnen. Es gab auch so Tage, an dem einfach alles klappt, obwohl der Gegner stark war. Gegen Aston Villa hatten wir noch eine knappe halbe Stunde Zeit, nach dem Gegentor zurückzuschlagen, wir haben fast nur noch auf ein Tor gespielt. Aber manchmal klappt es einfach nicht. So bleibt in der Erinnerung, dass wir im Anschluss im wahrsten Sinne des Wortes ein Frustsaufen veranstaltet haben.
Im Hotel?
Ja, nach der Dopingprobe. Die hat sich gezogen, als ich zur Mannschaft kam, ging es nach dem Essen schnell aufs Zimmer. Wir haben zu viert oder zu fünft Karten gespielt – und haben bestellt und bestellt. Bis zur Abfahrt.
Bis zur Abfahrt?
Ja. Wir haben keine Sekunde geschlafen. Aber so ein Hardcore-Programm waren wir damals ja gewohnt (lacht).
Während Aston Villa gefeiert hat – unter anderem ihr Gegenspieler Peter Withe. Damals haben Sie das Trikot getauscht…
Er wollte damals mein Trikot haben, also haben wir getauscht. Er war ein guter Spieler, hat seine Tore gemacht. Aber in dem Spiel war er bis auf diesen einen Moment unauffällig, wie alle anderen auch.
34 Jahre später haben Sie sich im FC Bayern Museum die Trikots zurückgetauscht. Spürten Sie immer noch Groll?
Nein. In den Wochen danach hat es wehgetan, aber 34 Jahre später? Wirklich nicht. Es konnte nur einer gewinnen – und wir waren halt die Unglücklichen. Ich habe mich gefreut, Peter wiederzusehen. Das sind Geschichten, die der Fußball schreibt.
Eine Geschichte, die der Fußball schreibt, ist auch der Fakt, dass sich die beiden Teams 42 Jahre später zum ersten Mal wiedertreffen.
… und Bayern wieder aufpassen muss. Spiele in England sind immer etwas Besonderes. Wie oft ich in London und Liverpool war! Ich liebe die englische Liga, da ist mehr Action als bei uns. Da gibt es mal den langen Ball, den zweiten Ball, mehr Körperlichkeit, mehr Kampf. Nur bei Manchester City nicht, da ist Tiki-Taka.
Dazu die Stadien. Der Villa Park war 1966 WM-Stadion.
Das hat nicht nur einen Charme, sondern Magie. In Deutschland gab es zu meiner Zeit nur zwei Stadien, die keine Laufbahn hatten, in England schon immer reine Fußballstadien. Allein die Stimmung, dieses Liedgut. Die Zuschauer sind zwei, drei Meter von dir entfernt, wenn du einen Einwurf machst.
Wenn Leverkusen ein Härtetest war: Was ist die Partie bei Aston Villa für die Bayern?
Ein Härtetest auf andere Weise. Leverkusen ist spielerisch auf anderem Niveau, aber Aston Villa ist auf eine andere Art und Weise schwer zu bespielen. Die werden Respekt haben vor den Bayern – aber es wird zur Sache gehen beim Heimspiel.
Würde eine Bayern-Revanche 42 Jahre später zählen?
Ich sage mal so: Das wäre nicht schlecht (schmunzelt).
INTERVIEW: HANNA RAIF