Siegesfeier wie früher, nur der Rahmen ist ein größerer als in den Jahrzehnten davor. © Red Bull/City-Press
Ein Moment für die Chronik des SAP Garden: Ben Smith bejubelt das erste Münchner Tor. © Red Bull/City-Press
München – Eishockey in München ist noch nicht wieder im Alltagsmodus angekommen. Alltag wäre, wenn man über das Spiel redet, ungeachtet seiner Umstände. Doch momentan thematisieren halt alle noch die neue Halle, den SAP Garden. Er hat nun seine zweite Einweihungsfeier erlebt. Nach dem offiziellen Grand Opening unter Regie der NHL, die am vergangenen Freitag mit ihrem Team Buffalo Sabres vorbeischaute, fand nun die nationale Eröffnung der Spielstätte statt. Das erste Spiel um Punkte in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Gegen die Wolfsburg Grizzlys, den altvertrauten Kontrahenten aus diversen Playoff-Serien, die fast immer zugunsten des EHC Red Bull München ausgingen. Das erste Garden-Spiel fügte sich ein mit einem 7:4 (2:1, 3:2, 2:1).
Die Besonderheiten waren: Das historische erste Münchner Tor vor neuer Kulisse – gegen Buffalo hatte es eine 0:5-Niederlage gegeben – gelang Ben Smith, einem der Routiniers, schon in der 3. Minute. Das 2:0 (13.) legte Tobias Rieder nach, der Landshuter, der im Herbst seiner Karriere, die sich in Nordamerika und Schweden zutrug, heimatnah in München gelandet ist und mit zarten 31 seinen ersten DEL-Treffer erzielte. Wolfsburg spielte danach gut mit, setzte den EHC unter Druck. Doch es ergab sich Besonderheit Nummer drei: Zwischen den Toren zum 4:3 (Kony Abeltshauser) und 5:3 (Yasin Ehliz) lagen in der 39. Minute nur acht Sekunden. „Das war der Knackpunkt“, sagte Wolfsburgs Trainer Mike Stewart. „In acht Sekunden“, fügte Grizzlys-Manager Charly Fliegauf an, „haben wir das Spiel verloren.“ Und noch etwas Ungewöhnliches: Beim Stand von 4:6 nahm Wolfsburg bereits fünf Minuten vor dem Ende Torwart Strahlmeier vom Eis – EHC-Kapitän Patrick Hager nutzte das „Empty net“ zum 7:4.
Vier Siege aus vier Spielen (die ersten drei waren auswärts „ohne den ganz großen Druck“, so Abwehrmann Abeltshauser) sind eine behagliche Bilanz, die die Münchner besser dastehen lässt, als sie spielten. Das ist ihnen auch bewusst. „Die Art und Weise ist nicht perfekt“, sagt Yasin Ehliz, der am Mittwoch doppelter Torschütze war. „Wenn wir führen, müssen wir schauen, dass der Deckel drauf kommt“, monierte Trainer Toni Söderholm, dass seine Leute Wolfsburg ins Spiel zurückkehren ließen.
Aber übergeordneter Gesprächsstoff war die Halle und was sie bedeutet. „Wir verbringen mehr Zeit hier als in der alten Halle“, spricht Ben Smith über die „Annehmlichkeiten“. Er führte am Ende des Abends durchs Ritual, das mit in den Garden genommen wurde: die Humba. „Gebt mir ein H, gebt mir ein U…“ – das war nun kristallklar zu hören über die Boxen und nicht mehr ein Soundbrei wie in der Olympia-Eishalle. Die Stimmung war auch besser als gegen Buffalo, das Spiel war nicht so einseitig, und es kam auch mehr von der klassischen EHC-Kundschaft in das „tolle Stadion“ (Mike Stewart).
Allerdings gab es auch Minuspunkte: Obwohl ausverkauft gemeldet, waren nicht alle 10796 Plätze besetzt, vor allem in den mittigen Blöcken im Unterrang taten sich reihenweise Lücken auf. Der Wolfsburger Mannschaftsbus konnte nicht in die Tiefgarage fahren, weil dort noch jede Menge Baumaterial stand. Kritik geübt wurde an der Eisqualität. „Das Eis ist schwer, die Scheiben verspringen“, so Wolfsburgs Stürmer Luis Schinko. In der Bowl, wie die Arena genannt wird, ist es wohnzimmerwarm. Die Münchner Eismeister zeigen ihre Klasse vor allem in Trainingshalle 1, wo die Temperatur elf Grad beträgt. „Da waren wir am Morgen. Bestes Eis der DEL“, schwärmte Grizzlys-Coach Stewart. Das Spiel-Eis „muss noch benutzt werden“, meint Toni Söderholm. Es ist noch zu neu, zu frisch, um schon den Alltag zu leben. Nächste Eingewöhnungsgelegenheit: am Freitag (19.30 Uhr) gegen die Eisbären Berlin.
GÜNTER KLEIN