Kanes zwei Gesichter

von Redaktion

Bayern-Stürmer gegen kleine Teams überragend – aber in Topspielen blass

Wieder ein Abend zum Vergessen: Kane konnte sich gegen Aston Villa nicht durchsetzen. © Staples/AFP

Birmingham – Die Wut stand Harry Kane ins Gesicht geschrieben. Ein lautes „Sergeeee!“ brüllte der Stürmer in Richtung seines Kollegen, nachdem eben jener Serge Gnabry in der 29. Minute lieber aufs kurze Eck geschossen hatte, statt den mitgelaufenen Kane zu bedienen. Zusammen mit einer vergebenen Kopfballchance blieb diese Szene die einzige Situation, in der er beim 0:1 gegen Aston Villa Gefahr ausstrahlte. Weite Teile der Partie blieb der Angreifer abgemeldet und nahm kaum am Kombinationsspiel der Münchner Offensive teil. Sein schwacher Auftritt war einer der Gründe, warum es bei der ersten Niederlage von Trainer Vincent Kompany auch vorne haperte – und war für Kane nach der blassen Leistung gegen Leverkusen (nur 20 Ballkontakte, zum ersten Mal seit drei Jahren kein einziger Torschuss) der nächste Abend zum Vergessen. Woran liegt Kanes Mini-Krise?

„Es geht darum, ob wir als Mannschaft Chancen hatten oder nicht. Er hat in dieser Saison schon elf Tore geschossen und manchmal gibt es solche Momente“, sagte Kompany und versuchte, das Thema möglichst schon im Keim zu ersticken. „Er wird schnell wieder Tore schießen.“ Außerdem sei es ohnehin die Aufgabe des Teams, den Angreifer besser in Szene zu setzen. „Es ist keine individuelle Sache. Wir hatten unsere Chancen, haben nicht getroffen und haben verloren“, erklärte der Coach, der über die gesamte Partie hinweg bemängelte, dass seinem Team „ein bisschen das Tempo“ fehlte.

Eberl: „Weiß nicht, ob er Schmerzen hatte“

Max Eberl äußerte sich etwas ausführlicher zu Kanes Auftritt: „Ich weiß nicht, ob er noch Schmerzen hatte. Er hatte keine Aktion so wirklich“, sagte der Sportvorstand auf die Frage, ob Kanes angeschlagener Knöchel nach der Blessur im Topspiel der Grund für die blasse Leistung war. „Er hatte einen Moment in der zweiten Halbzeit, aber den hat er auch nicht genutzt. Wir alle hatten heute aber nicht die aller letzten Prozente, die wir brauchen.“

Auffällig ist jedoch, wie sehr Kanes Leistungen gegen verschiedene Gegner schwanken. Sky-Experte Didi Hamann kritisiert genau diesen Aspekt am Donnerstag in seiner Kolumne: „Er wurde nicht geholt, um gegen Darmstadt einen Hattrick zu erzielen. Er wurde geholt, um gegen Leverkusen und Aston Villa ein Tor zu machen und im Viertelfinale der Champions League zu treffen. Das hat er bislang nicht getan. Ich bleibe beim Stürmerstar weiter skeptisch.“ Weiter fordert Hamann von Kane, dass dieser auch einmal „aus dem Nichts“ eine Torchance kreieren können muss.

Nach Abpfiff der Partie auf der Insel gab sich der Stürmer jedoch Mühe, die kritischen Stimmen zu beschwichtigen: „Manchmal gibt es solche Abende. Wichtig ist, jetzt nicht in Panik zu verfallen.“ Dass der 31-Jährige die individuelle Klasse besitzt, auch gegen andere Kaliber als Kiel, Zagreb oder Bremen zum entscheidenden Faktor zu werden, hat er seine gesamte Karriere unter Beweis gestellt. Schließlich erzielte Kane in der abgelaufenen Bundesligasaison nicht nur 36 Tore, sondern traf auch in den wichtigen Champions-League-Duellen gegen Arsenal London und Real Madrid.

Angesichts des schwierigen Programms im Oktober, bei dem der FC Bayern gegen Frankfurt, Stuttgart und Barcelona spielt, dürften die Bosse hoffen, dass er nun schnellstmöglich an die alte Form anknüpft.
VINZENT TSCHIRPKE

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