Eine riesige Mortadella als Lohn: Tadej Pogacar im Ziel. Der frisch gebackene Weltmeister lässt auch beim Giro dell‘Emilia mal wieder alle stehen. © IMAGO/Stefano
San Luca – Die Radsport-Welt hatte eine weitere Heldentat bestellt, und Tadej Pogacar lieferte gerne. „Im Regenbogentrikot habe ich den Druck verspürt, etwas Besonderes zu zeigen“, teilte der Slowene grinsend mit, nachdem sein pitschnasses Weltmeister-Jersey längst gegen ein blitzsauber-trockenes getauscht war. Den Sieg beim Giro dell‘Emilia in Norditalien hatte Pogacar sechs Tage nach seinem WM-Coup von Zürich allerdings nicht schnöde zugestellt, sondern erneut unnachahmlich zelebriert.
Mit fast zwei Minuten Vorsprung radelte der 26-Jährige beim knüppelharten Klassiker über 215,3 km im strömenden Regen geradezu entspannt ins Ziel. Wieder eine Solo-Flucht vom anderen Stern, wieder eine Machtdemonstration zum wahlweise Staunen, Kopfschütteln oder Haareraufen – ob man nun Fan, Skeptiker oder Kontrahent ist. Am Samstag siegte Pogacar nach 38 km Alleingang, bei der WM waren es 51, bei Lüttich-Bastogne-Lüttich 37, bei Strade Bianche gar 82. „Pogi“ interessiert es bei seinen Attacken einen feuchten Kehricht, wer da noch mitradelt.
Und die Konkurrenz beim 107. Giro dell‘Emilia war handverlesen: Mountainbike-Olympiasieger Tom Pidcock gewann den Sprint um Platz zwei – mit 1:54 Minuten Rückstand. Vuelta-Champion Primoz Roglic und Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel gaben entnervt auf. Evenepoels gesamtes Team beendete das Rennen vorzeitig, nur 53 von 167 Startern hielten durch. Einem Phänomen hinterherzuhetzen, ist mäßig reizvoll.
„Ich habe mich schon die ganze Woche recht gut gefühlt“, sagte Pogacar lakonisch. Eigentlich wollte er bis zur letzten Runde die Beine still halten, „aber dann gab es Attacken, und ich habe geantwortet.“ Am San-Luca-Hügel trat Pogacar an, ohne aus dem Sattel zu gehen, und zertrümmerte das Feld. US-Profi Matteo Jorgenson, einer der härtesten Fahrer im Peloton, wollte folgen – und wirkte dabei, als sei er auf einem platten Hollandrad unterwegs. Aufsteiger Florian Lipowitz fuhr lange als Solist auf Platz zwei, schließlich verließen ihn aber die Kräfte.
Pogacars Kraft indes scheint grenzenlos: An 56 Renntagen im Jahr 2024 siegte er 23-mal.
SID