Upamecano zog sich einen Muskelfaserriss zu. © Schultheiß/IMAGO
Ruhig bleiben, Leute! Vincent Kompany hat nicht vor, die extrem offensive Spielweise seiner Bayern zu ändern. © IMAGO
Die Bayern sind unter Trainer Kompany (o.) sehr konteranfällig, wie in Frankfurt zu sehen war. © Becker, Simon/Imago
Frankfurt/München – Für Max Eberl war die Sache recht eindeutig: „Das Einzige, was uns richtig ankotzt, ist das Ergebnis“, sagte der Sportvorstand über das 3:3 (2:2) bei Eintracht Frankfurt. Auch im Spitzenspiel am Sonntag spielte der FC Bayern mutig, aggressiv, lieferte gerade zu Beginn des Spiels ein Offensivfeuerwerk ab. Allein: Auf der Anzeigetafel spiegelte sich diese Dominanz nicht wieder. Dreimal konterte Frankfurt die hochaufgerückte Müchnener Abwehr aus, das Unentschieden bedeutet die dritte sieglose Partie binnen einer Woche (zuvor 1:1 gegen Leverkusen und 0:1 gegen Aston Villa). Wie zufrieden kann der Rekordmeister also mit seinem Spielsystem sein? „Wann hat Bayern so dominant in Frankfurt gespielt? Noch nicht. Die sind der Zweite der Bundesliga gewesen und wir erdrücken sie“, erklärte Eberl und bekräftigte damit das Mantra, das Spieler, Trainer und Bosse gebetsmühlenartig wiederholen: Die letzten Ergebnisse waren nicht zufriedenstellend, das dominante Auftreten stellt aber jeden Gegner vor Probleme – und stärkt nach den bayern-untypischen Taktikanpassungen unter Thomas Tuchel das eigene Selbstverständnis.
In dieselbe Kerbe schlug Vincent Kompany. „Lasst uns einfach ruhig bleiben. Was ich gesehen habe, ist eine tolle Leistung von der Mannschaft, da wir so viele Chancen hatten“, erklärte der Trainer. „Wenn ich den Spielverlauf sehe, müssen wir weitermachen und das Vertrauen haben, dass das die Leistungen sind, die uns Ergebnisse geben.“ Und auch Thomas Müller sagte: „Wenn wir das Spiel genauso 15 Mal spielen, werden wir es 13 Mal gewinnen. Das finde ich eine gute Spielweise, wenn du einen Gegner, der Zweiter in der Bundesliga ist, auswärts so dominierst.“
Nach dem furiosen Saisonstart ist dieses Vertrauen verständlich. Allerdings werden Spitzenspiele im Normalfall nicht 15 Mal gespielt, nach den dritten unglücklichen Punktverlusten in Serie stellt sich also die Frage, ob die riskante Taktik von Kompany wirklich titelreif ist. Schließlich sorgen die elf Mann-gegen-Mann-Duelle über den Platz gegen individuell schwächere Teams für elf Vorteile zugunsten des FCB, deutlich zu sehen gegen Kiel (6:1), Zagreb (9:2) und Bremen (5:0). Sie führen aber auch dazu, dass leichte Verschiebungen in der Gewichtsklasse das System sofort ins Wanken bringen können – ebenfalls zu sehen bei Omar Marmoush und Hugo Ekitiké, die Konter eben besser ausspielen. Und in der Königsklasse drohen spätestens in der K.o.-Phase noch schwierigere Prüfungen.
Die Leidtragenden sind in diesem Fall Minjae Kim und Dayot Upamecano, die zu brenzligen Duellen als letzter Mann gezwungen werden, in denen sie regelmäßig all-in gehen müssen. Mit ihrem Tempo sind sie zwar prädestiniert für das hohe Aufrücken, trotzdem reicht ein verlorener Zweikampf, um dem Gegner eine hundertprozentige Torchance zu ermöglichen. Wie aus dem Nichts fielen so die zwei Gegentore gegen Frankfurt, tatsächlich dürften aber die meisten Gegner den Münchnern ganz gezielt den Ball überlassen, um zu versuchen, sie systematisch auszukontern. Upamecano erlitt gegen die SGE laut „L‘Equipe“ einen Muskelfaserriss im Oberschenkel. Sollte er gegen Stuttgart ausfallen, wäre die Taktik mit dem langsameren Eric Dier schwieriger aufrechtzuerhalten. Auch Kim wurde in der 2. Halbzeit kurz am Sprunggelenk behandelt.
Eberl blieb dabei, dass die „DNA“ des FCB ohnehin „nicht verändert“ werden könne – ob sie auch zu Titeln führt, werden die nächsten Monate zeigen.
V. TSCHIRPKE, P. KESSLER