Amateur-Läufer 2023 am Odeonsplatz. © IMAGO/Lindenthaler
Marathon-Urgestein Manfred Steffny. © IMAGO
München – Das Oktoberfest ist vorbei, doch am kommenden Sonntag wird München schon wieder eine Großveranstaltung erleben: den Marathon. 42,195 Kilometer durch die Stadt. In dieser Form wohl zum letzten Mal. Denn ab 2025 ist nicht mehr der jahr(zehnt)elange Organisator Gernot Weigl (71) zuständig, das Kreisverwaltungsreferat hat den Zuschlag der Munich Athletic GmbH erteilt, die mit dem Verein LG Stadtwerke verbunden ist. Der Münchner Marathon soll ab dem nächsten Jahr dann aus zwei Halbmarathon-Runden mit wesentlichen Anteilen im Englischen Garten stattfinden.
In der Szene rumort es ob dieser nach städtischer Spezlwirtschaft aussehender Vergabe. Aus der Leichtathletik sind überwiegend Stimmen zu hören, die die Entscheidung als nicht nachvollziehbar bezeichnen. Manfred Steffny, Marathon-Olympiateilnehmer 1968 in Mexiko-City und 1972 in München, außerdem Herausgeber des Laufsportmagazins Spiridon, hat für die Bayerische Laufzeitung gar eine mehrseitige, sehr detaillierte Expertise erstellt, in der er den künftigen Machern ein Scheitern und dem München Marathon ein Versinken in der Bedeutungslosigkeit vorhersagt.
Einen „amorphen Haufen mit Ellbogenschlachten“ erwartet Steffny im Falle des gemeinsamen Starts von Marathon- und Halbmarathonfeld. „Schätzungsweise 100 Minuten lang werden mehrere Parallel-Läufe im unterschiedlichen Tempo stattfinden“ – Folge: „chaotische Verhältnisse“. Bei einer Entzerrung der Startzeiten müssten die Hitzeschutzbestimmungen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes berücksichtigt werden – oder der Veranstaltungstag könnte so lange werden, dass es den Helfern nicht mehr zumutbar sei. Weiteres Argument: Mehrrunden-Läufe ziehen nicht. Berlin und New York, die heute weltweit herausragenden Marathons, vervielfachten ihre Teilnehmerzahlen, als sie auf eine große Runde umstellten. In New York wurde zunächst nur im Central Park gerannt – längst führt der Kurs durch fünf Stadtteile.
Nicht gut angekommen ist die Formulierung von Julia Riedl vom kommenden Veranstalter Munich Athletics GmbH, man wolle den München Marathon „auf ein neues Niveau“ heben. Weigls München Marathon zieht Teilnehmer aus 120 Ländern an, ist vor allem in Österreich und Schweiz beliebt, es kommen auch internationale Spitzenläufer – und mit 26500 Anmeldungen wird in der Breite ein Rekord aufgestellt. Thomas Spitzner, Laufveranstalter aus Halle an der Saale, nennt den Anspruch der Munich Athletic GmbH, 2025 aus dem Stand ein Großereignis zu organisieren, „völlig überzogen. Ich sehe hier eine totale Naivität beziehungsweise einen Größenwahnsinn ohne Vergleich, den ich selbst bei meinen Gesprächen mit den Beteiligten erleben durfte“, sagt er in der Bayerischen Laufzeitung.
GÜNTER KLEIN