Unabhängig vom Ergebnis der Nations-League-Partie gegen die Niederlande: Julian Nagelsmann hat im Rahmen des zurückliegenden DFB-Lehrgangs aus der Not eine Tugend gemacht. Der Bundestrainer nutzte die dünne Personaldecke für das eine oder andere Experiment für die Zukunft der deutschen Nationalmannschaft: In Bosnien-Herzegowina durfte beispielsweise Alexander Nübel sein Debüt im Trikot der A-Nationalmannschaft feiern. Wohl wissend, dass der Noch-Torhüter des VfB Stuttgart bei der Weltmeisterschaft 2026 und vor allem darüber hinaus eine zentrale Rolle für Deutschland spielen könnte – unabhängig vom Gesundheitszustand von der eigentlichen Nummer eins Marc-André ter Stegen.
Schon fast kitschig wirkte die Entscheidung des Bundestrainers, die beiden „Münchner Kindl“ Aleksandar Pavlovic (20) und Angelo Stiller (23) in ihrer Geburtsstadt in die Startelf zu befördern. Die Beweggründe erklärte der 37-Jährige recht simpel: „Weil sie gut sind.“ Und weil das Leistungsvermögen der neuen Mittelfeld-Platzhirsche Pascal Groß (33) und Robert Andrich (30) altersbedingt in den nächsten Jahren nicht ansteigen wird.
Der Umbruch nach den Rücktritten des Weltmeister-Trios Manuel Neuer, Thomas Müller und Toni Kroos und EM-Kapitän Ilkay Gündogan ist in vollem Gange – Nagelsmann vollzieht diesen lieber sanft statt radikal. Wohl wissend, dass er mit Jamal Musiala und Florian Wirtz zwei Ausnahmespieler zur Verfügung hat, die eine Mannschaft mit ihren Fähigkeiten im Alleingang tragen können. Was man dem Nationalcoach ebenfalls zugute halten muss: Er nominiert seine Spieler weiterhin strikt nach dem Leistungsprinzip, wie beispielsweise die Berufungen des Gladbachers Tim Kleindienst oder Rückkehrer Serge Gnabry zeigen.
Nagelsmann macht derzeit vieles, vielleicht sogar alles richtig. Kein Wunder, dass die DFB-Führung laut und öffentlich über einer vorzeitigen Vertragsverlängerung über die WM 2026 hinaus nachdenkt. Doch an dieser Stelle sollten die Verantwortlichen ruhig bleiben, ansonsten steht die Mannschaft und damit der Sport wieder schnell an zweiter Stelle – und es dreht sich alles wieder um den Bundestrainer, nur auf eine andere Art und Weise.