So sieht der neue Audi als Projekt aus. © IMAGO/Eibner-PresseFoto/Alexander Neis
So sieht der neue Audi als Projekt aus – das Lenkrad übernimmt Nico Hülkenberg. © Gooden/Eibner/IMAGO
Austin – Die Herbstpause ist beendet, am Sonntag dreht die Formel 1 wieder auf. Der USA-GP steht an (21 Uhr, Sky), unsere Zeitung traf davor Haas-Pilot Nico Hülkenberg.
Herr Hülkenberg, ab 2026 treten Sie bei Audi in große Fußstapfen. Bernd Rosemeyer dominierte mit Vorgänger Auto Union den GP-Sport in den 1930er-Jahren. Was bedeutet das?
Das ist jetzt ja schon fast 100 Jahre her. Und da ich nicht der ganz große Historiker bin, ist das für mich eher ein Randaspekt. Ich bin zwar sogar schon Formel-1-Autos aus den 50ern gefahren, und das ist schon eine coole Erfahrung. Aber ich bin eher der Typ für die Gegenwart.
Seit Ihrem Comeback wirken Sie entspannter. Wie wichtig ist die Psyche in der Formel 1?
Sehr wichtig. Der Kopf muss frei sein und richtig gepolt, damit man in diesem Sport erfolgreich sein kann. In den drei Jahren Pause habe ich mich komplett gelöst von der Formel 1, ganz bewusst. Das war wie eine kleine Rehabilitation für meinen Körper und Geist. Jetzt nehme ich den Sport mit frischer Energie anders wahr. Außerdem habe ich jetzt schon einmal hinter den Vorhang geguckt, wie es ist, wenn die Karriere aufhört. Insgesamt hat die Pause, das Feuer und die Liebe zum Motorsport einfach wieder so ein bisschen entfacht und neu gezündet.
Aber nicht nur das …
Genau, ich bin natürlich in den drei Jahren auch gewachsen, habe geheiratet, habe eine Familie gegründet, mich als Person weiterentwickelt, die ganze Karriere mal verdaut. Das hat gut getan.
Es heißt, als Vater wird ein Rennfahrer eigentlich langsamer. Ihre Vaterschaft scheint Sie dagegen zu beflügeln.
Das ist ein Mythos und ich arbeite aktuell ja erfolgreich gegen diese Aussage. Wenn ein Rennfahrer ins Auto steigt, Helm auf, Visier runter, dann geht es um Racing und um jede Tausendstelsekunde.
Solche Erfahrungen und ihre Rolle beim Aufschwung von Haas helfen Ihnen künftig auch bei Audi. Wie wichtig wird da Ihre Rolle als Entwicklungsfahrer?
Die Rolle des Fahrers ist immer wichtig, denn am Ende des Tages gibt es nur zwei Personen, die das Auto fahren und die Feedback geben müssen. Erfahrung ist da sehr wertvoll. Wir haben wenig bis gar keine Testmöglichkeiten mehr. Da brauchst Du einfach das antrainierte Gespür fürs Auto.
Sie haben den zweiten Piloten eben selbst angesprochen. Wie spannend wäre ein deutsches Nationalteam mit Mick Schumacher, so wie es einst sein Vater Michael und Nico Rosberg bei Mercedes geformt haben?
Ich habe da keine Agenda, bin völlig neutral. Erstens habe ich da kein Wörtchen mitzureden, zweitens werden die Audi-Verantwortlichen entscheiden, welches Fahrer-Duo am meisten Performance bringt. Ich mische mich da nicht ein.
Welches Ziel haben Sie sich für Ihre Zeit im Audi-Werksteam gesteckt?
Zunächst mal glaube ich, dass viel Arbeit vor uns liegt. Das wird eine Mammutaufgabe. In der Formel 1 ist es schwierig, erfolgreich zu sein. Ferrari oder Mercedes sind Teams, die Ressourcen und Geld ohne Ende haben. Und selbst die haben in den letzten paar Jahren kaum Land gegen Red Bull gesehen. Das zeigt, wie schwer es ist. Wir wollen so schnell wie möglich, so erfolgreich wie möglich sein, das ist ja ganz klar. Aber ich sehe auch, wie viel harte Arbeit nötig ist und wie hoch der Berg ist. Gleichzeitig sehe ich mit den umfangreichen Regeländerungen und den neuen Antrieben ab 2026 eine gute Chance. Da fangen alle so ein bisschen bei Null an.
Inwiefern kann das Audi-Projekt auch helfen, die Formel 1 in Deutschland wieder voranzubringen? Und wie wichtig wäre ein deutscher Grand Prix dafür?
Das Audi-Werksteam wird das Interesse in Deutschland wahrscheinlich wieder ein bisschen befeuern – deutscher Hersteller, deutscher Fahrer … und natürlich wäre ein deutscher Grand Prix für eine Autonation auch wünschenswert.
INTERVIEW: RALF BACH