Niveau von Manchester City

von Redaktion

Nagelsmann über die Fortschritte seiner Nationalmannschaft

Es hat eingeschlagen: Oranje-Keeper Verbruggen war machtlos. © dpa/Christian Charisius

Auf der Ehrenrunde: Andrich, Kimmich, Mittelstädt nach dem 1:0 über die Niederlande. © dpa/Tom Weller

Es geht weiter aufwärts: Bundestrainer Nagelsmann plant schon für die WM 2026. © sampics

München – Dieses Nations-League-Spiel in München hat eine große Frage hinterlassen: Waren die Deutschen jetzt so gut – oder die Niederländer, die als weltweiter Maßstab für die Schönheit des Spiels gelten, einfach nur maßlos schlecht? Ronald Koeman, der Bondscoach mit der speziellen Deutschland-Vorgeschichte aus Spielerzeiten (EM 1988: DFB-Trikot demonstrativ am Hintern), interpretierte den Zustand seiner Mannschaft als „nicht dramatisch. Wir haben einfach zu wenig geliefert. Vergangenen Monat waren wir besser, als alle es erwartet haben, nächsten Monat kann es wieder anders sein“. Als wesentliches Manko sah er, „dass wir nicht sorgfältig genug waren“.

Jedenfalls: Als Deutschland und die Niederlande im September in Amsterdam aufeinandertrafen, war es so, dass in der Analyse Oranje als Gegner bewertet wurde, der die Anfälligkeit der DFB-Elf bei Widerständen deutlich aufzeigte. 2:2 endete die Partie, bei der Bundestrainer Julian Nagelsmann die am Montagabend fehlenden Kreativen Jamal Musiala und Kai Havertz zur Verfügung und im Mittelfeld die Zentrale mit den Routiniers Pascal Groß und Robert Andrich besetzt hatte. Seiner Aufstellung im Rückspiel fehlte eine eingespielte Achse, dennoch überzeugte das auf personeller Improvisation gründende Gebilde Nationalmannschaft voll und ganz. Zumindest in der ersten Halbzeit. „Das war unsere beste im letzten Jahr. Wir waren extrem dominant, die Niederländer hatten keine Lösung.“ Die zweite Halbzeit empfand er als „komplizierter“, doch Nagelsmanns Elf wollte nicht „gelassen auf Unentschieden spielen. Sie hat den Willen verkörpert, Spiele gewinnen zu wollen.“ Was ihr dann auch gelang. Mit dem Schuss von Jamie Leweling, der bekannte: „Ich habe nicht gezielt, nur draufgehauen.“ Egal.

„Das letzte Jahr“ – zwölf Monate ist Nagelsmann nun im Amt. Er zieht eine Bilanz seines Schaffens, das im Baumwollhemd in den USA begann und mit dem Niederlagen-Doppel im November 2023 gegen Türkei und Österreich einen Tiefpunkt erlebte. „Bei den ersten Maßnahmen hatten wir nicht viel verändert, die Negativerlebnisse waren der Nährboden, etwas umzustellen.“ Nagelsmanns Credo war, „dass die Charaktere zusammenpassen müssen“. Das bekam er mit seiner Personalauswahl und einer klaren Definition der Rollen hin. Daneben gab es eine spielerische Entwicklung. „Unser Gegenpressing“, bilanziert der Bundestrainer unter dem Eindruck des Sieges gegen Holland, „ist schon auf dem Niveau von Manchester City – was die Benchmark in Europa ist. Wir verteidigen hoch und sind in der Tiefe geduldig geworden, das ständige herausrennen aus den Positionen haben wir nicht mehr.“ Er erkannte Fortschritte vom Freitagsspiel in Bosnien zum Holland-Match drei Tage später: „In Bosnien sind die Spieler in ihre Muster aus den Clubs zurückgefallen, ab der 60. Minute hatten wir Harakiri. Jetzt behalten wir in der Druckphase des Gegners die Struktur.“

Ja, Julian Nagelsmann feiert sich für diese Entwicklung: „Wir gehen diese Schritte mit wenig Training und vielen Sitzungen.“ Und er habe die Zukunft fest im Blick, wenn er ein Duo wie Angelo Stiller/Aleksandar Pavlovic aufbaue, „weil wir nicht alles auf Spieler setzen können, die bei der WM 35 sein werden“. Zu sehr nach Selbstlob soll es aber auch nicht klingen, weswegen der Bundestrainer die Vorleistung lobt, die ihm die Berufskollegen zukommen lassen. „Ich kann das nicht alleine wuppen, das ist amtlich. Der ganz große Teil des Jobs wird im Verein gemacht.“
GÜNTER KLEIN

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