Im Zeitfahren räumte die Rosenheimerin Niedermaier wieder ab. © IMAGO/Arne Mill
U23-Weltmeisterin: Antonia Niedermaier. © IMAGO/Arne Mill
„Mir sind am Start und während des Rennens die Tränen gekommen“, sagt Antonia Niedermaier. © IMAGO/Arne Mill
„Es gab eine große Unsicherheit“: Einen Tag nach dem Tod von Muriel Furrer fand das Straßen-Rennen statt. © IMAGO/Arne Mill
Der Tod von Muriel Furrer hat die Radsport-Welt erschüttert. Die 18-jährige Schweizerin stürzte Ende September schwer während der Weltmeisterschaft und unterlag ihren Verletzungen. Antonia Niedermaier (21, Rosenheim), die bei der WM neben Bronze und Gold im Nachwuchs auch Silber im Mixed-Teamzeitfahren gewinnt, spricht mit unserer Zeitung über den tragischen Unfall und das Thema Sicherheit im Radsport.
Antonia Niedermaier, mit etwas Abstand, wie blicken Sie auf die Rad-WM zurück?
Das war eine sehr erfolgreiche Weltmeisterschaft für mich, mit den Ergebnissen kann ich sehr zufrieden sein. Im Mixed haben wir Silber gewonnen, nicht Gold verloren, wir haben alles gegeben. Natürlich ärgert man sich ein bisschen, wenn es so knapp war, aber wir können stolz sein.
Hat die Saison für Sie bestätigt, dass Sie oben angekommen sind?
Auf jeden Fall. Im Elitebereich bin ich im Einzelzeitfahren Vierter geworden. Das zeigt, dass ich in der Weltspitze mithalten kann. Das ist eine Bestätigung für mich und mein ganzes Team, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die ganze harte Arbeit, die wir reinstecken, zahlt sich auch aus. Mir fehlt noch etwas die Rennerfahrung, ich kann noch unheimlich viel lernen. Mein Team gibt mir die notwendige Zeit und Rückendeckung, um mich zu entwickeln. Ich fühle mich dieses Jahr schon viel sicherer, kann besser mit Rennsituationen umgehen.
Die WM wurde vom Tod der Schweizerin Muriel Furrer überschattet. Wie sind Sie damit umgegangen, als Sie von der tragischen Nachricht gehört haben?
Da gab es sofort einen Flashback an meinen eigenen Sturz. Auch wenn es bei mir glimpflich ausgegangen ist und ich nur zwei Zähne verloren habe. Das ist einfach das Allerschlimmste, was passieren kann. Man kennt das Risiko, man weiß, dass man stürzen und dass es auch nicht gut ausgehen kann. Das war für alle ein Schock. Ein 18-jähriges Mädel ist gestorben, ein Tag später hatten wir unser Rennen. Da gab es eine große Unsicherheit, ob das richtig ist, was wir hier gerade machen. Ich habe mich unwohl gefühlt. Ich habe immer an Muriel und ihre Familie gedacht. Ich wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Da gibt es kein Richtig und kein Falsch. Da muss jeder seinen Weg finden, um damit umzugehen.
Wie war Ihr Gefühl dann während des Rennens?
Ich bin ein sehr emotionaler Mensch. Mir sind am Start und während des Rennens die Tränen gekommen. Ich konnte es das ganze Rennen über nicht aus dem Kopf bekommen. Jedes Mal, wenn wir an der Stelle vorbeigefahren sind, hat sich in mir alles zusammengezogen, ich bin mit Angst gefahren. Das war einfach nur ein ungutes Gefühl. Man hat im ganzen Peloton gemerkt, dass extrem vorsichtig gefahren wurde. Es wurde mehr aufeinander geschaut, es war alles respektvoller und ruhiger.
Sie haben die Risiken angesprochen. Die Debatte um die Sicherheit im Radsport wird gerade nach schlimmen Stürzen natürlich immer intensiver. Wie stehen Sie zu der Thematik?
Es ist wichtig, dass der Radsport sicherer wird. Es ist in den vergangenen Jahren viel zu viel passiert, es sind viel zu viele schlimme Unfälle passiert. Aber die Umsetzung ist im Radsport schwierig. Es ist nun mal ein Sport mit einem enorm hohen Tempo, das Wetter spielt eine Rolle, die Streckenverhältnisse, der Rennverlauf, die Situation im Pulk. Aber ich vertraue darauf, dass der Weltverband alles unternimmt, um den Radsport sicherer zu machen.
Neben dem Radfahren ist auch das Skibergsteigen bei Ihnen noch präsent. Ist eine Teilnahme an den Olympischen Spielen 2026 noch realistisch?
Im Januar bin ich ein Rennen gelaufen, ich will auch dieses Jahr noch bei ein paar Rennen dabei sein. Das ist weiter eine große Leidenschaft von mir, eine Abwechslung für den Kopf. Die Disziplinen Sprint und Mixed Relay sind olympisch geworden, das spricht nicht für mich. Mein Radteam unterstützt mich da jedenfalls voll. Winter-Olympia ist ein Traum. Wenn ich die Chance dazu habe, werde ich auch alles geben.
INTERVIEW: NICO-M. SCHMITZ