Doppel-Druck für Kompany

von Redaktion

Lob von Hoeneß und Rummenigge: Ansporn oder Bürde?

„Kompany ist ein Glücksfall“: Hoeneß. © IMAGO

„Da hilft das Schicksal“: Rummenigge. © IMAGO

Man versteht sich: Die Bayern-Spieler folgen Vincent Kompany – auch nach drei Spielen ohne Sieg bricht daher niemand in Panik aus. © IMAGO

München – Wenn zwei Männer zwei Stunden miteinander telefonieren, muss es wirklich wichtig sein. Und blickt man heute, knapp fünf Monate später, zurück auf diese Unterredung im Mai, muss man sagen: das war sie. Eine „authentische und ehrliche Analyse“ hatte Karl-Heinz Rummenigge von seinem Freund Pep Guardiola zur Trainerpersönlichkeit Vincent Kompany gefordert, verriet der Aufsichtsrat am Donnerstag im „kicker“. Das Fazit kürzte er lieber ab: „Er hat gemeint, er sei hundertprozentig davon überzeugt, dass Vincent Kompany der absolut richtige Trainer für den FC Bayern ist.“ So wie es neun Pflichtspiele später auch die Bosse des FC Bayern sind.

Taten auf dem Platz kann der 38-Jährige nach zwei Wochen Länderspielpause endlich am Samstag wieder sprechen lassen. Wenn um 18.30 Uhr der Anpfiff zum Südgipfel gegen den Vizemeister VfB Stuttgart ertönt, ist ein Dreier mit Blick auf drei Spiele ohne Sieg eigentlich Pflicht. Und trotzdem kann man dieser Tage und Wochen rund um die Säbener Straße ein seltenes Phänomen beobachten. Zweifel oder gar Panik sind in der ersten Ergebniskrise unter dem neuen Coach nicht zu vernehmen, im Gegenteil. Die Spieler fühlen sich pudelwohl – und die hohen Herren loben Kompany unisono. Allein in dieser Woche stützten zunächst Uli Hoeneß und nun eben Rummenigge den Mann, dem man nach den ersten Eindrücken in München alles zutraut.

Hoeneß sprach am Dienstag vom „Glücksfall“ Kompany und ergänzte: „Er sieht Fußball als Arbeit an.“ Rummenigge nennt ihn nun „Glücksgriff“ und brachte sogar höhere Mächte ins Spiel. Mit Blick auf die vielen Absagen auf der Suche nach einem Nachfolger für Thomas Tuchel sagte der 69-Jährige: „Manchmal hilft einem das Schicksal.“ Schon jetzt fühlt sich der langjährige Vorstandsvorsitzende „an die Zeiten unter Jupp Heynckes, Pep Guardiola, Carlo Ancelotti oder Hansi Flick“ erinnert, „als wir diese Art ‚Spaß-Fußball‘ zelebriert haben“. So gerne wie aktuell sind die Bosse lange nicht ins Stadion gegangen: „Unser Fußball ist nicht nur wieder attraktiv geworden, sondern man spürt auch die Freude der Zuschauer.“ Außerdem habe Kompany „einen großen Beitrag geleistet, dass in den ganzen Club wieder Ruhe eingekehrt ist – und in die Mannschaft sowieso“.

Hört man sich im Club um, fallen oft ähnliche Sätze. Kompany begeistert auf allen Ebenen und nährt die Hoffnung, an die erfolgreichen Zeiten von 2012 bis 2021 anknüpfen zu können. Trotzdem muss er all das, was da gerade auf ihn einprasselt, auch erst mal verarbeiten. Als Lothar Matthäus den Belgier vor wenigen Wochen mit Trainer-Granden wie Heynckes und Ottmar Hitzfeld verglich, schüttelten viele noch mit dem Kopf. Nun fallen Sätze wie diese von allerhöchster Stelle – Ansporn und Bürde zugleich. Nur gut, dass Kompany von seinem dominanten Spielstil auch gegen die aufmüpfigen Gäste aus Stuttgart nicht abrücken will. So gut wie beim 3:3 in Frankfurt hat Rummenigge seine Bayern „vermutlich lange Zeit in dieser Qualität nicht gesehen“. Fortsetzung dringend erwünscht.

Apropos Fortsetzung: Geht es nach Rummenigge, soll Kompany eine Ära prägen – und weit über den Zeitpunkt bleiben, an dem Thomas Müller und Manuel Neuer in Rente gehen. Den beiden Urgesteinen aber traut Rummenigge die zweite Karriere im Verein zu: „Der FC Bayern wäre gut beraten, sie davon zu überzeugen.“ Besonders hervor hob er Müller, „der natürlich auch rhetorisch sehr begabt ist“. Einen kleinen Gruß an die Oldies schickte Rummenigge noch hinterher: „Mir wäre jeden Tag nur Golf zu spielen zu langweilig gewesen. Und bin sehr froh und dankbar, dass man mir das Vertrauen geschenkt hat.“

Sollte es seitens Müller und Neuer weitere Fragen geben: zwei Stunden am Telefon wären sicher drin.
H. RAIF, P. KESSLER, M. BONKE

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