Die Bayern-Macher: Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß, Michael Diederich, Max Eberl und Jan-Christian Dreesen (v.li.).
München – Es lief die zwölfte Spielminute, als die Stadion-Regie auf der Leinwand die Ehrentribüne der Allianz Arena filmte. Nur für den Bruchteil einer Sekunde waren Vorstandschef Jan-Christian Dreesen und Sportvorstand Max Eberl zu sehen, ehe die Übertragung abrupt abgebrochen und lieber wieder der Spielstand gegen Stuttgart angezeigt wurde. Kein Wunder: Wenige Stunden zuvor war die bis dahin ruhige Welt des FC Bayern durch einen Bericht des „Manager Magazins“ kurzfristig erschüttert worden.
Neben der internen Kritik am Vorgehen bei der TV-Rechtevergabe – Dreesen war als DFL-Präsidiumsmitglied beteiligt – wird ihm vorgeworfen, dass er eine Mitarbeiterin beschimpft und mit einer Zeitschrift beworfen haben soll. Unsere Zeitung weiß, dass sich dieser Vorfall tatsächlich zugetragen hat, intern behandelt wurde und ohne Konsequenzen für Dreesen blieb. Der 57-Jährige war damals noch als Finanzvorstand tätig, der Vorstandsvorsitzende hieß zu dieser Zeit Oliver Kahn. Die entscheidende Frage, die man sich beim deutschen Rekordmeister intern stellt: Wer hat ein Interesse daran, dass diese unrühmliche Episode des Vorstandchefs nun an die Öffentlichkeit kommt?
Der Zeitpunkt ist kein Zufall: Immerhin tagt am 11. November der mächtige Aufsichtsrat und wird dort voraussichtlich darüber abstimmen, ob es mit Dreesen über sein Vertragsende 2025 hinaus als Bayern-CEO weitergeht. Zwischenzeitlich schien die Zukunft des gelernten Bankers an der Spitze der FC Bayern München AG auf wackeligen Beinen (tz berichtete) zu stehen – doch in den vergangenen Wochen hat das Pendel dem Vernehmen nach wieder in die andere Richtung ausgeschlagen.
Ein Grund für den Sinneswandel: Aktuell laufe es sportlich wieder erfolgreich, man wolle durch Veränderungen in der Chefetage nicht wieder von innen für Unruhe sorgen. Passend dazu lässt sich Präsident und Aufsichtsratschef Herbert Hainer in der „Bild“ wie folgt zitieren: „Generell sind wir mit unserem Vorstand um den Vorsitzenden Jan-Christian Dreesen absolut zufrieden: Wir sind sportlich erfolgreich und werden auch auf der anstehenden Jahreshauptversammlung erneut wirtschaftlich hervorragende Zahlen präsentieren.“
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich Hainer und seine Kollegen im Aufsichtsrat durchaus mit potenziellen Nachfolge-Kandidaten für Dreesen beschäftigt haben sollen, weil dies zu den Aufgaben des Kontrollgremiums gehört. Prominente Namen wie Christian Seifert (ehemaliger DFL-Chef), Oliver Mintzlaff (Geschäftsführer Red Bull) oder Axel Hellmann (Vorstandssprecher Eintracht Frankfurt) wurden überlegt. Bei einer solch wegweisenden Entscheidung gibt es zumindest in der Theorie keine Denkverbote. Eine interne Lösung wäre Dreesen-Stellvertreter Michael Diederich gewesen. Gedankenspiele um eine Rückkehr von Karl-Heinz Rummenigge entsprechen jedoch nicht der Wahrheit, ebenso wie ein mögliches Comeback des einstigen Internationalisierungsvorstands Jörg Wacker.
Dreesen soll in eine zweite Amtszeit gehen, offenbar will der Aufsichtsrat trotzdem ein paar Dinge verändern. So wird Vize-Vorstandschef Diederich künftig seinen Platz im DFL-Präsidium einnehmen, das steht schon länger fest. Das DFL-Amt wird Dreesen abgeben, den FC Bayern dem Vernehmen nach weiter international in der ECA vertreten. Auch Rummenigge vertrat den Club als CEO einst international, der frühere Finanzchef Karl Hopfner saß in den nationalen Gremien. Sportvorstand Eberl: „Wir als Club wollen als Wagenburg zusammenstehen. Gerade Michael Diederich und Jan-Christian Dreesen arbeiten extrem vertrauensvoll und intensiv zusammen, um Fußballspiele zu gewinnen.“
M. BONKE, V. TSCHIRPKE