Konstant inkonstant

von Redaktion

Schludrigkeiten bringen die Löwen auch in Haching um ein besseres Ergebnis

„Irgendwie auch geil“: Vollath über das Pfeifkonzert. © Imago

Nicht sein Tag: Jesper Verlaat (l.) verursachte den Strafstoß vor dem 1:1 und besorgte per Eigentor den 2:2-Endstand. © IMAGO

Sehenswertes Premierentor: Soichiro Kozuki. © IMAGO

Vorübergehende Schieflage: Raphael Schifferl & Co. tun sich schwer damit, ein gleichmäßiges Niveau zu halten. © Sampics

Unterhaching – Dass der Abend keine reine Spaßveranstaltung werden würde – dieser Gedanke kam René Vollath in den Sinn, als er am Sonntagabend den Sportpark betrat, erstmals seit seinem Wechsel zum TSV 1860. „Das Ding ist“, berichtete der Torwart: „Ich bin ein bisschen zu weit gelaufen, hab kurz in die Kabine geguckt und konnte sehen, dass mein Interview-Zitat über dem Eingang zur Dusche hängt.“ Vollaths Aussage, dass man ihn bitte auspfeifen möge, weil er dann am stärksten sei. Motivationstricks, die der Vollblutprofi bei seinem zweijährigen Gastspiel im SpVgg-Trikot kennengelernt hatte: „Ich weiß ja, wie sich Haching auf so ein Derby vorbereitet. Natürlich werden da Emotionen geschürt…“ Die bestellten Pfiffe hat er reichlich bekommen – genauso wie Patrick Hobsch und Raphael Schifferl, die mit ihm gewechselt sind und auf Bannern als „Verräter“ beleidigt wurden. Vollaths Fazit nach dem verbalen Spießrutenlauf: „Ein klein bisschen find ich es schade, trotzdem auch irgendwo geil. Es zeigt, dass es den Leuten nicht egal ist, dass ich weg bin. Dass ich was hinterlassen habe. Wenn ich es mir so hindrehe, kann ich gut damit leben.“

Weniger gut konnte Vollath mit dem Endergebnis leben. 2:2 hieß es nach 90 hochintensiven Minuten. „Inhaltlich gesehen war es ein gerechtes Unentschieden“, bilanzierte der Seitenwechsler, „emotional natürlich nicht. Ich hätte mir einen Zu-Null-Sieg gewünscht.“ Nach Einschätzung von 1860-Sportchef Christian Werner wäre der auch im Bereich des Möglichen gewesen, „definitiv“. Obwohl die Löwen schlecht ins Derby reingekommen sind, gingen sie zweimal in Führung. Zum 0:1 traf Hobsch – per Kopf vor dem feindseligen Haching-Block (33.). Nach dem Ausgleich per Skarlatidis-Strafstoß (48., Verlaat an Maier) war es dann Soichiro Kozuki, der ein würdiges Premierentor für 1860 erzielte – volley ins lange Eck (54.). „Ärgerlich und bitter“ fand Werner, dass Haching zweimal zu Toren eingeladen wurde, denn kurz nach dem 1:2 segelte eine Flanke über Schifferls Kopf hinweg, prallte gegen Verlaats Knie und von dort ins Netz (58.). Maximilian Wolfram sprach von zwei Punkten, die 1860 verloren habe: „Der Elfmeter kann passieren, aber das Pingpong-Tor zum 2:2 – das ist halt extrem bitter. In der zweiten Halbzeit haben wir dann richtig viel Aufwand betrieben, nur nach vorne gespielt, gut verteidigt. Unter dem Strich ist das sehr, sehr bitter heute.“

Und natürlich warf dieses Spiel auch Fragen auf. Werner lobte explizit die „Mentalität“ beider Teams, doch wie kann es sein, dass 1860 regelmäßig Halbzeiten verschläft, meistens die erste? Dass regelmäßig Gegentore fallen, die eine gut sortierte Abwehr niemals schlucken darf? Es ist diese Inkonstanz, die verhindert, dass die Löwen in der Tabelle Richtung Spitzengruppe abheben. Und es ist ja nicht nur die Konstanz, die innerhalb der 90 Minuten fehlt. Auch die Ergebnisse zeugen von einem Team, das sich eine zu ausgedehnte Findungsphase gönnt. Auf Niederlagen folgen Siege, auf Siege Niederlagen. Am Sonntag gab es nun das erste Unentschieden, doch unter dem Strich bleibt festzustellen: Wenn es die Giannikis-Elf nicht schafft, mal länger als drei Spiele ungeschlagen zu bleiben, wird das Grummeln im Hintergrund nicht so schnell enden. Auch die Auswechslungen am Sonntag gaben Rätsel auf, vor allem die von Kozuki. Tor vorbereitet, Tor erzielt – mit seiner Schnelligkeit hätte der Japaner gegen müde werdende Hachinger viele Räume vorgefunden.

Schifferl, der dritte Ex-Hachinger bei 1860, schien vor allem froh zu sein, das emotionale Wiedersehen halbwegs unbeschadet überstanden zu haben. „Wir haben es bis zum Schluss probiert, aber es kommt im Fußball vor, dass man auch mal Unentschieden spielt“, sagte der Österreicher: „Wir werden auf jeden Fall wieder auf drei Punkte spielen, denn das ist das Einzige, was einen weiterbringt.“ Die nächste Chance dazu bietet sich bereits am Mittwoch. Zu Gast ist dann der Tabellenletzte aus Osnabrück.
ULI KELLNER

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