ZUM TAGE

Das Original des Unzufriedenen

von Redaktion

Uli Stein wird 70

Uli Stein war ja wirklich ein fantastischer Zeichner, wahrscheinlich hat jeder deutsche Haushalt im Bücherregal einen seiner amüsanten Cartoon-Bände stehen. Aber wenn im Sportkontext der Name Uli Stein fällt, dann denkt man natürlich an den ehemaligen Torhüter. Und während uns der Künstler mit dem feinen Federstrich vor vier Jahren verließ, begeht der ehemalige Fußballer mit der harten Hand, die einst den FC-Bayern-Stürmer Jürgen Wegmann für einen erfolgreichen Torschuss abstrafte, seinen 70. Geburtstag.

Und da sind wir schon mitten drin in der Eloge auf Uli Stein. Selbstverständlich soll der Akt einer Ohrfeige auf dem Fußballplatz nicht gutgeheißen werden, doch so anlasslos und bei einer im Grunde nichtigen Veranstaltung, dem DFB-Supercup, sie erfolgte, hat sie den Status eines historischen Vorfalls erreicht. Aus heutiger Sicht würde man sagen: Er diente der Bildung der Marke Uli Stein. Und das wollen wir zu seinem runden Geburtstag schon mal festhalten: Stein hat die Rolle des unzufriedenen, ungehorsamen und ewig missverstandenen Torwarts erfunden. Legendär sein Platzverweis als HSV-Keeper in einem Pokalspiel beim damaligen Bayernligisten Augsburg, als er mit seiner Schiedsrichterbeleidigung die Bild am Sonntag zu einer Seite-1-Schlagzeile von „Wir sind Papst“-Größe trieb. „Stein: ,Du W…, Du A…“. Monumental sein Aufbegehren gegen das Reservistendasein bei der WM 1986, das darin gipfelte, dass er Teamchef Beckenbauer, eigentlich sein Spielerkumpel aus HSV-Zeiten, einen „Suppenkasper“ schalt – was dazu führte, dass er als erster deutscher Teilnehmer an einer Weltmeisterschaft nach Hause geschickt wurde. Wikipedia erinnert uns schließlich noch daran, dass Uli Stein als junger Torhüter von Arminia Bielefeld einen ihm zugespielten Ball einfach ins Tor kullern ließ, um zu zeigen, wie wichtig seine Position ist.

Gut, dass es Uli Stein gab. Er schuf den Mythos, dass der Reserve-Torwart der Nationalmannschaft besser als die jeweilige Nummer eins, aber stets das Opfer von Lobbyismus und Verschwörung ist. Uli Stein hat ganze Generationen inspiriert – es ebbte erst mit Marc-André ter Stegen ab, der sich beim DFB viele Jahre und Turniere weitgehend klaglos in sein Bank-Schicksal fügte. Sportlich vorbildlich – aber woran wird man sich 2062, zu seinem 70., erinnern?

Dem Siebziger Uli Stein alles Gute. Bei ihm hat sich die Wut gelegt mit der Zeit. Im Fotoarchiv fanden wir eine Aufnahme von 2017: Legendenspiel zwischen Mexiko und Deutschland, Uli Stein, knapp 63, im Nationaltrikot bei einer Glanzparade. Ein Happy-End wie gemalt. Guenter.Klein@ovb.net

Artikel 7 von 11