Zum Abheben: El Bilal Touré (2.v.li.) schoss den VfB in der Nachspielzeit ins Glück. © dpa
Turin – Sebastian Hoeneß sah etwas müde aus. Er lächelte aber und zeigte den Daumen nach oben. Voller Zufriedenheit stieg der Trainer des VfB Stuttgart in den Flieger Richtung Heimat. Die Schwaben bringen reichlich Schwung mit aus Italien. Und wollen diesen mitnehmen in die weiteren Englischen Wochen, die nun warten. Der dramatische, aber hochverdiente 1:0 (0:0)-Sieg bei Juventus Turin werde „in den Geschichtsbüchern des VfB landen“, sagte Sportvorstand Fabian Wohlgemuth. Nach der glanzvollen Nacht im Piemont geht es am Samstag in der Fußball-Bundesliga gegen Holstein Kiel weiter. Raus aus der Champions League – rein ins „Brot-und-Butter-Geschäft“, wie es Wohlgemuth formulierte.
Gegen den Aufsteiger müsse man nachlegen, forderte Hoeneß. Gegen Juve sei es – „ohne respektlos zu sein“ – einfacher, sich zu motivieren als gegen Kiel, räumte Nationalstürmer Deniz Undav ein. Nach drei sieglosen Liga-Spielen in Serie sei man allerdings auch etwas unter Zugzwang, so der 28-Jährige. Der Fokus gehe daher schnell auf Samstag, versicherte er.
„Das ist ein Abend, den wir noch lange in Erinnerung behalten werden“, sagte Wohlgemuth nach der emotionalen Achterbahnfahrt in Turin. Auch in zehn, zwanzig Jahren werde man sich noch daran erinnern, meinte er. Joker El Bilal Touré hatte die Schwaben mit seinem sehenswerten Tor in der zweiten Minute der Nachspielzeit erlöst und für ihren ersten Sieg in der Königsklasse seit fast 15 Jahren gesorgt. Zuvor war ein Treffer von Undav aberkannt worden, weil er den Ball leicht mit dem Arm mitgenommen hatte. Zudem hatte Enzo Millot einen Elfmeter verschossen. Es war viel geboten, es schien zwischenzeitlich alles gegen den VfB zu laufen – doch am Ende versetzte Touré die mitgereisten Fans in Ekstase.
Die Mannschaft habe eine bemerkenswert starke Reaktion auf die vorangegangene 0:4-Klatsche beim FC Bayern gezeigt, befanden Sportchef Wohlgemuth und Coach Hoeneß unisono. Eine „brutale Leistung“ sei das gewesen, meinte Undav. Man habe den bis dahin in dieser Saison noch ungeschlagenen Turinern „keine Zeit zum Atmen gegeben“.
Verschnaufen können auch die VfB-Stars in diesen Tagen kaum. Die Mehrfachbelastung durch drei Vereinswettbewerbe und für inzwischen viele Profis auch durch Länderspiele war zuletzt ein großes Thema in Stuttgart.
Nach Kiel warten Zweitligist 1. FC Kaiserslautern im Pokal und Meister Bayer Leverkusen in der Liga. Die Stuttgarter sind weiter im Dauereinsatz, werden daher auch hier und da wieder rotieren müssen. Da kommt es gerade recht, wenn Einwechselspieler wie Touré mit Toren frisches Selbstvertrauen sammeln. Ein „Traumtor“ sei das gewesen, sagte Wohlgemuth.
Turin, Kiel, Kaiserslautern
Auch die Defensive des VfB verdiente sich mal wieder ein Lob. Er müsse den Hut davor ziehen, was Torwart, Viererkette und Doppelsechs „abgerissen“ hätten, sagte Angreifer Undav. Man habe „brutal verteidigt“. So stand nach dem 5:0 im Pokal in Münster das zweite Zu-Null-Spiel der Saison. Auch das soll Auftrieb geben. Für den Alltagsstress. Nach einer denkwürdigen Nacht.
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