Alarmstufe Rot

von Redaktion

FC Bayern beschwört als 23. nach der Horrornacht das Wir

Hoffnungsschimmer: Jamal Musiala wurde nach seiner Verletzung wieder eingewechselt. © IMAGO

So sehen Sieger aus: Barcelona zeigt gegen Bayern, wie eine Spitzenmannschaft aufspielt. © IMAGO/Joan Gosa

Leon Goretzka, Dayot Upamecano und Manuel Neuer stand der Schrecken noch im Gesicht. © IMAGO

Das Bild der Anzeigetafel auf dem Montjuic werden die Bayern so schnell nicht aus dem Kopf bekommen. © IMAGO

Fassungslos: Altstar Thomas Müller. © IMAGO

Ausgecoacht: Trainer Vincent Kompany. © IMAGO

Barcelona – Der einleitende Satz von Jan-Christian Dreesen sprach Bände. Mit der Frage „Ja, was soll ich sagen?“ hatte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern seine Bankettrede im Ballsaal des „Sofitel Skipper“ eröffnet. Und auch wenn der 57-Jährige im Anschluss knapp vier Minuten Worte für das Desaster von Barcelona fand, blieben nach dieser Horrornacht mehr Fragen als Antworten. Das 1:4 (1:3) tat an diesem Abend weh, auch beim Rückflug am Donnerstagmittag noch – und es wird weiterhin schmerzen. Denn es hat dem deutschen Rekordmeister, Tabellen-23. der Champions-League-Tabelle, vor Augen geführt, dass der Weg zum großen Ziel „Finale dahoam 2.0“ nicht nur holprig, sondern extrem steinig sein wird – weil man es mit den Schwergewichten in der Königsklasse (noch?) nicht aufnehmen kann.

„Das ist ein Abend, den wir uns anders vorgestellt haben“, sagte Dreesen, ehe sich der Boss, Vincent Kompany und sein Team bei Paella und Crema Catalana zumindest ein wenig vom ersten Schock erholten konnten. Es wurde viel geredet, demonstrativ sollte keine Gespenster-, sondern Aufbruchsstimmung herrschen. Denn dass man trotz der Bilanz von gerade mal einem Sieg aus den vergangenen fünf Spielen nicht in Panik verfällt, wurde von höchster Stelle vorgelebt. „Wir müssen die Augen nach vorne richten. Und das Wichtigste ist, zusammenzustehen“, sagte Dreesen, verbunden mit einem Gruß an Kompany, dem die Reifeprüfung gehörig misslungen war: „Der FC Bayern hat in solchen Momenten immer die richtigen Schlüsse gezogen. Und ich bin sicher, Vincent und sein Team werden die richtigen Schlüsse ziehen.“

Ansätze dafür gab es in den 90 Minuten auf dem Montjuic genug. Und Kompany stellte ruhig, aber bestimmt selbst klar: „Es gibt null Ausreden. Es gibt nur eine deutliche Niederlage.“ Raphinha (1./45./56. Minute) und der gute alte Bekannte Robert Lewandowski (36.) hatten systematische wie individuelle Bayern-Fehler mit brachialer Effektivität ausgenutzt und knapp 50 000 Zuschauer mit vier Treffern immer mehr in Richtung Ekstase gebracht. Die Bayern hingegen konnten nach der passablen ersten halben Stunde und dem Ausgleich durch Harry Kane (18.) nur noch dabei zusehen, wie das Spiegelbild ihres eigenen Systems bei Barca funktionierte – und bei ihnen eben nicht. „Das war schon ein Brett“, gab Kimmich zu, vor allem, wenn man die Konsequenzen betrachtet. Zum einen die tabellarische Situation nach zwei Pleiten aus drei Königsklassen-Partien. Zum anderen den Druck von außen, der stetig zunimmt – auch wenn Max Eberl versicherte: „Ich mache mir keine Sorgen.“

Der Sportvorstand war sichtlich um Contenance bemüht, scheiterte aber kläglich. Dünnhäutig und genervt gab sich Eberl im Schlagabtausch mit Journalisten (“Mach ´nen Trainerschein!“), wenngleich er die Niederlage als „Learning“ einordnete und propagierte: „Das ist genau das, was wir brauchen.“ Noch sind fünf Vorrunden-Partien zu spielen, „wir können noch Achter werden“, sagte auch Dreesen laut. Dass die kommenden beiden Heimspiele gegen Benfica Lissabon und Paris Saint-Germain aber „schwere Aufgaben“ sind, ist auch jedem bewusst, „wir müssen alle gewinnen“, sagte Kimmich. Es wird nicht reichen, sich auf Dreesens Worte „Ich bin sicher, dass der begeisternde Fußball zu Ergebnissen führen wird“ zu verlassen. Auch nicht beim VfL Bochum am Sonntag (15.30 Uhr) und schon gar nicht in der zweiten Pokalrunde am Mittwoch in Mainz.

Thomas Müller gab zu: „Das gibt uns definitiv kein gutes Gefühl.“ Der Kater aus Barcelona wird nachwirken, die Abschlussworte von Dreesen werden nachhallen. „Diese Mannschaft hat noch viel vor“, sagte der Boss, ehe es ans Buffet ging. Verbunden mit der Hoffnung, dass der 23. Oktober 2024 ein Wendepunkt war – und nicht der Anfang vom Ende.
HANNA RAIF

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